Lifestyle
Von Wegen Lisbeth:
„Wir fragen uns als Erstes, worauf wir Lust haben und nicht, was am besten funktioniert!“
Die Berliner Indie-Band steht am 31. August 2024 im Wolters Applaus Garten in Braunschweig auf der Bühne. Gestartet als Schülerband lagen zwischen ihrem ersten Song und dem ersten Plattenvertrag zehn Jahre. 2016 startete Von Wegen Lisbeth mit dem Album „Grande“ richtig durch und zählt seither zu den erfolgreichsten Indie-Pop Bands Deutschlands. Wie sie es geschafft haben, immer am Ball zu bleiben, warum Matze ungeeignet für andere (Gastro-) Jobs ist und welche Frage Julian auf Familienfeiern richtig auf die Nerven geht, haben der Sänger und der Bassist Lina im Teams-Talk berichtet.
Wie sieht Euer Tag momentan aus, habt Ihr eine feste Routine?
Matze: Wir haben für unsere Verhältnisse momentan eine sehr feste Routine. Wir proben jeden Tag und schreiben neue Songs, das ist unser Plan für dieses Jahr.
Julian: Wir haben jetzt sogar richtig feste Probezeiten, an die sich auch alle halten. Sowas hatten wir früher nie.
Das hört sich nach einem neuen Album an?
Matze: Von Album sollten wir, glaube ich, noch nicht sprechen, sonst kriegen wir Ärger.
Julian: Wir genießen die Freiheit, nicht das Gefühl zu haben, irgendwas abliefern zu müssen und bewahren uns davor, von einem neuen Album zu sprechen. Einfach erstmal loslegen und schauen, was dabei rumkommt.
Euer Erfolg kam nicht über Nacht. Wie habt Ihr es geschafft, am Ball zu bleiben und die Hoffnung nicht zu verlieren?
Julian: In erster Linie, weil wir schon immer Spaß daran hatten, was wir machen. Wir haben als eine Schülerband von vielen angefangen und waren damals auf jeden Fall die unbekannteste und schlechteste vom Spielen her, würde ich sagen. Deswegen waren wir das schon gewohnt, nicht so gesehen zu werden und einfach das zu machen, was wir feiern. Rückblickend war das echt eine gute Schule – wir haben uns das auch bis heute beibehalten, uns als Erstes zu fragen, worauf wir Lust haben und nicht, was am besten funktioniert.
Matze: Wir waren am Anfang ja noch sehr jung. Es stand gar nicht die Überlegung, ob es das jetzt wert ist oder ob wir erfolgreich damit werden im Vordergrund, weil das ein Hobby war und wir totalen Spaß dran hatten. Diese bewusste Entscheidung, ob wir damit Geld verdienen oder nicht gab es da gar nicht. Als die Platte irgendwann rauskam, haben wir gemerkt: Ah, das funktioniert ja irgendwie.
Was wäre aus Euch geworden, wenn es mit der Musik nicht geklappt hätte?
Matze: Gute Frage. Ich glaube, ich bin für sehr viele Jobs extrem ungeeignet und würde nach zwei Wochen gefeuert werden.
Julian: Ich weiß noch, wie Matze mal in einer Übergangsphase mit wenig Kohle einen Gastro-Job in einem Café angenommen hat, gefeuert wurde und danach eine kleine Lebenskrise hatte, weil er meinte, nicht mal das kriegt er hin.
Matze: Das war wirklich schlimm. Ich war einfach viel zu langsam und viel zu verträumt, das ging mir alles zu schnell. Ich hätte mich auch sofort gefeuert. Vorher habe ich jahrelang Tickets eingepackt und gedacht: Okay Kinders, irgendwann werden hier meine Tickets versendet.
Julian, wurdest Du auch schon öfter gefeuert?
Julian: Nee, das nicht, aber ich finde das Thema generell ein bisschen anstrengend. Auf Familienfesten bekomme ich öfter die Frage gestellt, was wir machen, wenn wir keine Band mehr sind. Das stellt so in Frage, ob man das ernst meint und mich persönlich hält das Nachdenken über einen Plan B davon ab, erstmal einfach zu machen. Ich habe auch keine Sorge, dass ich danach auf der Straße lande, dafür machen wir das auch schon zu lange.
Eure Songs handeln von Alltäglichem und sind gleichzeitig tiefgründig und gesellschaftskritisch. Woher kommt Deine Inspiration, Matze?
Matze: Weiß ich nicht. Es klingt superprätentiös, wenn ich jetzt sage ‚Das Leben‘.
Keine Ahnung, man lebt so vor sich hin, hat eine Idee für eine Zeile und dann kommt ein Song dabei raus.
Die Liebe spielt auch eine Rolle in einigen Songs. Wann war Euer letzter Heartbreak und was sind Eure Tipps gegen Liebeskummer?
Matze: Ist zum Glück schon ein bisschen her, aber es reicht noch, um sich wieder reinzuversetzen und Liebeslieder zu schreiben.
Julian: Ich habe gehört, dass Trinken sehr gesund und hilfreich sein soll in dieser Situation.
Matze: Auf jeden Fall. Ansonsten ist das glaube ich echt eines der schlimmsten Gefühle überhaupt, so richtig was machen kann man gar nicht. Vielleicht hilft der Gedanke, dass es irgendwann weniger wird.
Was war bislang der schönste und der schlimmste Moment Eurer Karriere?
Matze: Einer der schönsten Momente war, als wir 2017 im Lido gespielt haben. Das ist ein kleiner Club in Berlin, bei dem der Name der Bands immer vorne an der Tür steht, wie in alten Kinos. Das ist total cool, da sind wir früher als Kinder vorbei und haben gesehen, welche Bands da spielen. Ich habe immer gedacht, wenn da mal unser Name steht, dann haben wir‘s geschafft.
Julian: Beim schlimmsten Moment habe ich mich direkt an ein Festival im Pott letztes Jahr erinnert, auf dem wir gespielt haben. Es haben eigentlich nur ältere Männer auf der Bühne gestanden. Und wir. Die ganze Veranstaltung und das Image, was dort gepflegt wurde, war nicht unbedingt das, womit wir uns identifizieren können.
Habt Ihr noch Lampenfieber und wenn ja, was hilft dagegen?
Matze: Also ich habe das immer noch manchmal. Mal mehr, mal weniger. Ich habe noch keinen Weg gefunden, wie ich das steuern kann. Trinken ist auf jeden Fall nicht so eine gute Idee, weil der Pegel während des Auftritts abflaut und ich dann noch nervöser werde. Falls jemand einen Trick kennt, gerne Bescheid sagen.
Julian: Es ist schon seltener geworden und wenn ich das hab, dann meistens auf Konzerten wo Leute sind, die ich kenne.
Wie geht Ihr mit der Stille nach einem Konzert, Festival oder einer Tour um, um nicht in ein Loch zu fallen?
Julian: Die Stille danach ist das Schönste, was es gibt. Je nachdem, wie lange die Tour geht, meistens mehrere Wochen, wird es zum größten Problem, dass es nie still ist. Ich würde sagen, ich kann damit noch besser umgehen als Matze zum Beispiel, aber wir sind alle froh, wenn wir danach wieder zu Hause sind und erstmal rumhängen können. In den richtig heftigen Tour-Jahren gab es zwischen uns eine unausgesprochene Regel, sich danach mindestens zwei Wochen nicht mal anzurufen. Man will erstmal alleine sein und das ist manchmal auch für Freunde und Family manchmal schwer zu verstehen, weil man sich lange nicht gesehen hat.
Matze: Ich glaube, dieser Gedanke, von der Bühne runter in ein Loch fallen, wenn man nicht mehr diesen Adrenalinpegel hat, ist ein Missverständnis. Zumindest bei uns war das immer genau umgekehrt. Genau wie Julian sagt, man ist froh, ein paar Tage oder Wochen erstmal wieder Ruhe zu haben und für sich sein zu können.
Was ratet Ihr Newcomern, um erfolgreich zu werden?
Matze: Um Tipps zu geben, wie man erfolgreich wird, sind wir wahrscheinlich die Falschen. Wir können welche geben, wie man es schafft, Freude an der Musik zu bewahren oder sowas.
Julian: Behaltet den Spaß an der Sache. Nehmt Euch selbst nicht zu ernst. Und: Man braucht keinen Plattenvertrag mehr, um berühmt zu werden.
Worauf freut Ihr Euch 2024 am meisten?
Matze: Songs schreiben und aufnehmen.
Julian: Da bin ich dabei.
Auch wenn die Von Wegen Lisbeth-Jungs 2024 nicht viele Konzerte geplant haben, lautet ihr Schlussplädoyer: „Geht auf Konzerte und unterstützt auch kleine Bands, das ist ganz wichtig!“
Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 30 / Frühling 2024.
Lina Tauscher
Die 25-Jährige ist ausgebildete Kauffrau für Marketingkommunikation, fühlt sich aber im redaktionellen Bereich am wohlsten. Momentan studiert sie Journalismus und Public Relations und ist in der MediaWorld als Redakteurin sowie im Content-Management tätig. Sie begeistert sich für gute Geschichten, die von inspirierenden Menschen und Meinungen zum Leben erweckt werden.
Mehr aus dieser Rubrik
Zur Startseite