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Kultur

4. Mai 2023

Highs und lows in der Musikbranche

Mit seinem Musikverlag „Arktik One“ arbeiten Gregor Seyffarth und seine PartnerInnen mit erfolgreichen Künstlern wie t-low, negatiiv OG, den Boloboys, makko und LUIS zusammen.

(Fotografie: Gregor Seyffarth)

Wie schafft man es, in dieser Branche Fuß zu fassen? Gregor hat im Interview über seinen Weg vom Versicherungsvertreter über sein eigenes Magazin bis hin zu seinem ersten großen Deal sowie über den Ruhm und die Schattenseiten der Szene gesprochen.

„Alles was ich brauch ist meine Gang, denn keiner kennt mich so wie meine Crew…“ zu diesen Lines aus dem Song „Meine Gang (Bang Bang)“ stand Gregor mit Cro und DJ Psaiko.Dino 2016 auf der MTV- Unplugged-Tour vor 20.000 Menschen auf der Bühne und ihm wurde klar, dass er nur noch in der Musikbranche tätig sein möchte – wenn auch hinter den Kulissen im Management. Auch wenn er sich schon immer als „Musik-Nerd“ bezeichnet und in Tagträumen in dem Business tätig war, reichte seine Vorstellungskraft nicht aus für das, was tatsächlich seine Realität werden sollte. Gregor merkte schon mit Anfang 20 während seiner Ausbildung zum Bankkaufmann in seiner Heimatstadt Hameln, dass ein 9/5 Job nicht zu ihm passt. Er arbeitete bei einer Versicherung im Vertrieb und ging nach Braunschweig – wenn er heute gefragt wird, zu welcher Ausbildung er MusikmanagerInnen raten würde, verweist er auf die elementaren Dinge, die er in dieser Zeit gelernt hat: Struktur, Teamführung und die richtige Kommunikation. Nach ein paar erfolgreichen Jahren hatte der Quereinsteiger genug davon, im Anzug Versicherungen zu verkaufen. Durch Zufall lernte er seinen langjährigen Freund und DJ Evren kennen, für den er Bookings machte, sein Management übernahm und Parties im Braunschweiger Club XO organisierte. „Das waren meine ersten Berührungspunkte mit der Musikindustrie. Ich wollte zwar immer schon alles über die Branche wissen, aber wirklich dort Fuß zu fassen, schien für mich unerreichbar und unrealistisch“, schildert der 37-Jährige. 2014 gründete er mit Evren und einem weiteren Geschäftspartner das Szenemagazin „DRUFF!“, das nach zwei erfolgreichen Jahren für Gregor eine Enttäuschung und jede Menge Schulden hinterließ. „Ich habe damals gelernt, wie man ein Unternehmen nicht führen sollte und vor allem, dass man selbst Verantwortung übernehmen muss. Es war echt hart als wir pleite gegangen sind, das Magazin war zu der Zeit mein Leben“, erinnert er sich. Durch seine Interviews lernte er aber neben Persönlichkeiten wie Jan Böhmermann und Shindy auch Cro und Psaiko.Dino kennen, mit denen eine Freundschaft entstand. So kam es dazu, dass Gregor Musikvideos für die beiden produzierte und auf der Tour den besagten Schlüsselmoment auf der Bühne erlebte.

„Wofür will ich stehen?“

Mit einem Job bei der Braunschweiger Zeitung im Anzeigenvertrieb zahlte Gregor die Schulden, die „DRUFF!“ hinterließ ab, bis ihm sein alter Freund und jetziger Geschäftspartner Vincent ein Tape von negatiiv OG und Sin Davis vorspielte, in dem er direkt großes Potential sah. Einige Zeit später gründeten sie gemeinsam mit den Rappern das Kollektiv „Checkmate“, mit dem sie Ende 2019 nach einer mehr als erfolgreichen Tour einen knapp eine Million Euro Deal bei der Universal Music Group unterschrieben. „Das war für die Crew und auch für mich die krasseste Zeit unseres Lebens“, erinnert sich Gregor. Jedoch hatten Geld und Erfolg auch Schattenseiten – von kaputten Freundschaften, Drogenkonsum und Suchtproblemen bis zum Suizid eines Kollegen und Freundes. „Wenn man so jung so erfolgreich wird wie die damaligen Checkmate-Kids, denkt man natürlich, die Welt gehört einem und lässt sich nichts von anderen sagen. Es ist echt nicht einfach, Freunde abstürzen zu sehen und nichts dagegen tun zu können“, schildert der Manager. Heute gibt es Checkmate nicht mehr – die Pandemie durchkreuzte viele Pläne und hinzu kam, dass die Marke eingefahren war und vom Image her nicht mehr mit Gregors Zukunftsplänen und Werten vereinbar war. „Ich habe mich gefragt, wofür ich stehen will, welche Message ich rüberbringen will. Als Gründer von Checkmate stand ich für die Marke, habe aber die teilweise sehr frauenverachtenden Texte und die starke Verknüpfung mit Drogen gar nicht gefühlt“, beschreibt der Geschäftsführer. Ihm wurde klar, dass er sich neu erfinden musste, um auch andere KünstlerInnen unter Vertrag nehmen zu können, mit denen er unbedingt zusammenarbeiten wollte. 2022 gründete er gemeinsam mit seinen Partnern den Musikverlag Arktik One, der mittlerweile als einer der erfolgreichsten Co-Verlage Deutschlands gilt und mit über 30 KünstlerInnen bereits über zwei Milliarden Streams generierte. Die Tätigkeiten des Musikverlags reichen von Kreativarbeit und Sessions bis hin zur Produktion eines Songs.

Was ist das Erfolgsrezept des Managers? „Ich habe nicht viele Fähigkeiten, aber Empathie gehört dazu und ich bin eine ehrliche Haut. Es gibt viel mehr gute KünstlerInnen in Deutschland als ManagerInnen. Ich würde niemals jemanden abziehen und bin mit den Menschen, mit denen ich arbeite auch befreundet“, erzählt Gregor. Außerdem haben ihn auf seinem Weg Connections und MentorInnen wie Axel Horn, damals noch Geschäftsführer bei der undercover GmbH und Natascha Augustin, Vizepräsidentin von Warner Chappell Music, unterstützt.

Neben seinem Musikverlag betreibt der Manager mit Fashion-Faible außerdem zwei „Bunny’s“-Stores in Braunschweig, dessen Sortiment von Vintage-Klamotten über Süßwaren bis hin zu CBD-Produkten reicht und ist international mit mehreren Sneaker-Stores vertreten. Das soll aber noch lange nicht alles gewesen sein: „Ich kann jetzt kreativ sein, mich ausprobieren und das machen, worauf ich wirklich Bock habe“, gibt Gregor einen Ausblick. Was genau das ist, wird man innerhalb der Musikbranche wahrscheinlich schon sehr bald erfahren.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 27 / Sommer 2023.

Lina Tauscher

Die 25-Jährige ist ausgebildete Kauffrau für Marketingkommunikation, fühlt sich aber im redaktionellen Bereich am wohlsten. Momentan studiert sie Journalismus und Public Relations und ist in der MediaWorld als Redakteurin sowie im Content-Management tätig. Sie begeistert sich für gute Geschichten, die von inspirierenden Menschen und Meinungen zum Leben erweckt werden.

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