Lifestyle
Mehr Nachhaltigkeit wagen
Über eine Trendumkehr in der Möbelbranche
Von Kerstin Gransow
2006 gründet ein kreativer Kopf aus seiner Leidenschaft für Vintagemöbel heraus in Köln die Firma Bordbar und trifft damit den Zahn der Zeit. Ein junges Unternehmen, das Nachhaltigkeit von Anfang an lebt und professionelles Recycling zu seiner Geschäftsidee macht: Ausgediente Airline-Trolleys mit langjähriger Flugerfahrung werden generalüberholt und somit für den privaten Gebrauch nutzbar gemacht.
Das ist ein recht junges Beispiel für Nachhaltigkeit in der Möbelbranche. Doch das Thema hat Tradition: Ich bin auf einen Beitrag im SPIEGEL special „Das Jahrhundert des Designs“ von 1995 gestoßen. Schon damals hieß es „Umweltfreundliche Produkte erhöhen die Marktchancen“. Beate Lakotta schreibt in ihrem Artikel: „Mittlerweile hat der Querdenker (Günter Horntrich) in Köln den bundesweit einzigen Lehrstuhl für Design und Ökologie, Klimakatastrophe und Müllberge sind Tagesthemen, und immer mehr Manager erkennen, dass Umweltdenken ein Wirtschaftsfaktor ist.“.
Das war 1995! Wann wird Öko salonfähig?
Die Erkenntnis, dass das Thema Nachhaltigkeit bereits seit 27 Jahren in der Möbelbranche präsent ist, beeindruckt mich. Ich spreche mit Ralf Sander, Inhaber von Sander Einrichtungen, darüber und möchte von ihm wissen, seit wann er diese Thematik im Markt wahrgenommen hat: „Anfang der 2000er-Jahre ist ein fließender Übergang spürbar gewesen. Durch die zunehmende Berichterstattung über Umweltkatastrophen wurde der Endverbraucher sensibilisiert“, so die Antwort des Einrichtungsexperten.
Nachhaltigkeit und Design – ein cooles Duo!
Bereits im Jahr 1993 nehmen sich die Brüder Frank und Roland Meyer-Brühl, Geschäftsführer der Firma Brühl & Sippold in Bad Steben, vor, beim Produktionsprozess auf Einsparung von Energie und Rohstoffen ebenso zu achten wie auf Humanität am Arbeitsplatz. Sie strukturieren ihre Produktion nach EU-Umweltrichtlinien um. Bewusst wird auf zeitloses und damit langlebiges Design gesetzt, dem kein „Öko-Muff“ anzusehen sein darf, so der Anspruch von Roland Meyer-Brühl. Der Kunde müsse ein Produkt kaufen, weil ihn das Produkt überzeugt!
Matthias Held, Professor für Design an der Hochschule für Gestaltung in Schwäbisch Gmünd, erklärt die Faktoren für die Nachhaltigkeit eines Möbelstücks so: „Neben dem Werkstoff an sich (spielen) die Funktionalität, Stabilität und Haltbarkeit des Möbels, eine schadstoff- und emissionsarme Herstellung, aber auch die Ästhetik und die Frage, wie es sich reinigen lässt, eine Rolle.“
Holz – ein organisch nachwachsender Rohstoff
Die Firma Team 7 aus Österreich geht seit den 1980er-Jahren einen konsequent ökologischen Weg. Die Produktion wird auf „Bio-Möbel“ umgestellt, eine eigene Wertschöpfungskette entsteht. Da das Laubholz aus einheimischen Forsten stammt, sind kurze Wege garantiert. Für jeden gefällten Baum werden zwei neue gepflanzt. Die abfallenden Holzreste werden im betriebseigenen Ofen zur Wärmegewinnung genutzt. Da die fertigen Möbel mit natürlichen Ölen und Harzen versiegelt werden, taugen sie auch über Jahre noch als CO2-Speicher. Unter neuer Leitung vollzieht Team 7 im Jahr 1999 einen grundsätzlichen Wandel und verbindet ab jetzt Ökologie mit zeitlosem Design.
Bei den vorbenannten Firmen wird Nachhaltigkeit aus Überzeugung gelebt. Der Endverbraucher ist sensibilisiert und dem Thema gegenüber zunehmend aufgeschlossen.
„Das macht Mut, diesen Weg konsequent weiter zu beschreiten.“, so Ralf Sander, der in seiner Funktion als Mitglied des Einkaufsausschusses Europa Möbelverbund noch darauf hinweist, dass der EMV jährlich Umweltprojekte in Höhe von maximal € 100.000 fördert. 2015 wird in Zusammenarbeit mit der VHS Braunschweig der Stadtteilgarten Bebelhof großzügig unterstützt. Nachhaltigkeit in der Möbelbranche direkt vor unserer Haustür!
Kerstin Gransow ist als gelernte Schneiderin und Modedesignerin mit dem Thema nachhaltige Produktion vertraut. Da war der Transfer zur Möbelbranche kein weiter Weg.
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