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Lifestyle

30. Oktober 2024

Das Lebenswerk des Harald Tenzer

Zu einem Gespräch haben sich Raik Packeiser, Präsident des Tennisverbandes Niedersachsen-Bremen (TNB) und Harald Tenzer getroffen.

Von Raik Packeiser

(Fotografie: Harald Tenzer; AdobeStock/ Tobias Arhelger)

Tenzer übernahm die Geschicke des Tennisturniers in Braunschweig zu Beginn der 2000er-Jahre. Bis 2022 war er Geschäftsführer und Turnierverantwortlicher. Seitdem war er „Grandseigneur und Spiritus Rector“ der BRAWO Open. Im Gespräch reflektieren sie die Geschichte, Bedeutung und Strahlkraft des Turniers.

Raik Packeiser: Harald, ich bin immer wieder fasziniert, wenn ich alte Unterlagen zu den BRAWO Open in die Hand nehme oder auch wenn wir – wie zuletzt anlässlich der ATP-Auszeichnung zum 30-jährigen Bestehen des Turniers – miteinander über die Vergangenheit des Events sprechen. Nimm uns doch einmal mit auf die Reise „30 Jahre Tennisturnier in Braunschweig“.
Harald Tenzer: Die Geschichte beginnt 1994 und der Anfang war gut. Zu Beginn der 2000er Jahre geriet das Turnier jedoch ins Straucheln. Die Finanzen wurden nicht mehr sauber geführt, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren unübersehbar, das Turnier war de facto insolvent, die NORD/LB, als Hauptsponsor, wollte nicht mehr weitermachen. Das Turnier war in einer veritablen Krise und kurz davor, von der Landkarte zu verschwinden. Da wurde ich vom damaligen Bankdirektor Thomas Ritterbusch gefragt, ob ich nicht mal über das Turnier „drüberschauen“ könnte und Ansätze für ein Controlling hätte. Das tat ich gern, kam zu klaren Ergebnissen und Schlussfolgerungen und dann haben wir uns gemeinsam ans Werk gemacht.

Drei Hauptaufgaben hatten wir: Vertrauen bei Sponsoren und Öffentlichkeit gewinnen, eine Tennispersönlichkeit als Turnierdirektor zu gewinnen und sportlich sowie wirtschaftlich zu überzeugen.

RP: Das klingt recht naheliegend und ist doch so schwer umzusetzen. Gerade wenn Vertrauen zunächst verloren gegangen ist, dann ist es so unsagbar schwer, das wieder aufzubauen.
HT: Richtig, aber es ist uns in kurzer Zeit wirklich gemeinsam gelungen. Ich habe Charly Steeb als Turnierdirektor gewinnen können. Damit hatten wir einen sehr bekannten und erfahrenen Profi an unserer Seite. Später hat dann Michael Stich die Aufgabe übernommen, bevor 2015 Volker Jäcke Turnierdirektor wurde. Zu Anfang war es aber unbedingt notwendig, dass ein bestens vernetzter ehemaliger Profi Turnierdirektor wird und beide, also Steeb und Stich, haben das auch hervorragend gemacht. Die zweite Entscheidung war mutig: Wir haben auf ein umfangreiches Entertainment-Programm gesetzt. Das zieht bis heute viele Menschen an und war eine wichtige und richtige Entscheidung für das Turnier. Wir setzen uns damit komplett von anderen Challenger-Turnieren ab und das war immer ein ganz wichtiger Baustein für die später erfolgte Auszeichnung zum weltbesten Challenger. Darauf können wir sehr stolz sein. Denn das Wir bezieht sich ausdrücklich auf alle Sponsoren und Unterstützer. Deren Engagement ging über reine Finanz- oder Sachleistungen hinaus. Und auch wir, als Organisatoren, haben immer versucht, für unsere Partner perfekte Bedingungen zu bieten: Sponsorentreffen, Sneak Previews, besondere, kleinere Events am Rande des Turniers. Wir haben Netzwerkarbeit im wahrsten Sinne des Wortes betrieben.

Und wenn ich mir die heute etablierten Formate anschaue, dann haben wir jeden Tag etwas zu bieten: Sponsorenempfang, Firmenevents der Sponsoren, das Format „Wissenschaft trifft Wirtschaft“, das Tennisduell „Wirtschaft gegen Politik“, das mit Unterstützung des TNB und der Unternehmerverbände Niedersachsen stattfindet, am Samstagvormittag.

Jeden Tag gibt es also neben Tennis oder dem Entertainment-Programm auch Sponsoren- und Netzwerkveranstaltungen. Diese Kombination macht für mich den Reiz und die Faszination des gesamten Turniers aus.

RP: Diese besondere Verbindung zu den Sponsoren fällt einem auch sofort auf, wenn man, wie ich 2018, erstmals als Präsident des TNB im Beirat vertreten sein durfte. Immer wurde alles sehr professionell besprochen und geregelt, aber eben auch in einem sehr angenehmen Miteinander. Davon profitieren alle. Auch die Vereine der Region übrigens, die ebenfalls eingebunden sind.
HT: Das stimmt. Gerade mit dem Sport-Thieme Kids Day powered by TNB ist die lokale Verankerung da. Kinder strömen auf die Anlage, haben ein tolles sportliches Programm und können am Ende mit Profis ein paar Bälle schlagen. Das bleibt in Erinnerung und löst eventuell etwas aus. Und natürlich ist es klasse, wenn Idole wie Jan-Lennart Struff oder Alexander Zverev in Braunschweig aufschlagen. Zverev war ja 2014 hier und hat in Braunschweig seinen ersten Turniersieg auf der Challenger-Tour geholt. Diesen Aufstieg dann mitzuverfolgen und sagen zu können: „Der war auch schon bei uns“, ist etwas Besonderes. Und eines muss ich natürlich auch besonders betonen, wenn wir über lokale Verankerung sprechen. Der BTHC stellt uns jedes Jahr die Anlage zur Verfügung. Deswegen danke ich allen Vorstandsmitgliedern und Vereinsmitgliedern für die langjährige Kooperation und Unterstützung des Events. Ohne den BTHC geht es gar nicht.

RP: Im Tennis erleben wir auch immer wieder, dass sich Sponsoren nach einer gewissen Zeit neu orientieren, andere Schwerpunkte setzen. Gerade, wenn es Titelsponsoren sind, fällt das natürlich auf. In der Folge von Corona gab den Wechsel von den Sparkassen Open zu den BRAWO Open. Sicher auch eine besondere Situation.
HT: Ja, klar. 2021 ist die Entscheidung bei der Sparkasse gefallen. Da alles recht kurzfristig kam, war es an uns, schnell zu reagieren. Und nach einem sehr guten und intensiven Gespräch mit Jürgen Brinkmann, dem Vorstandsvorsitzenden der BRAWO, haben wir dann das Turnier strategisch neu ausgerichtet. Inhaltlich ist alles Bewährte übernommen worden, aber durch den Einstieg der BRAWO als Gesellschafter bei der Brunswiek Marketing, also dem Ausrichter des Turniers, ist es gelungen, einen sowieso anstehenden Rückzug von mir sehr gut zu managen.

Ich habe das Turnier an Markus Beese abgegeben, Volker Jäcke bleibt als sehr erfahrener und guter Turnierdirektor an Bord. Ich habe mein Wissen weitergegeben. Und jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich zurückzuziehen.

RP: Es ist in der Tat bemerkenswert, wie gut der Sponsorenwechsel mit den dazugehörigen Veränderungen funktioniert hat. Eine tolle Leistung von Euch allen, denn gerade bei solchen Turnieren hängt doch ganz viel vom persönlichen Engagement der Beteiligten ab. Hier wurde der Staffelstab wirklich sehr gut weitergegeben.
HT: Danke für das Kompliment, aber was ich noch einmal betonen will: Wir haben ein großartiges Team. Das gesamte Jahr arbeiten alle sehr hart daran, ein begeisterndes Entertainment-Programm, gute Spieler und ein gelungenes Event zu organisieren: Catering, Technik, Spielerbetreuung. Es hängt so viel an einem solchen Format. Das ist eine besondere Leistung von allen. Dass ich das so lange mitgestalten durfte, macht mich sehr dankbar. Mein Herz hängt an diesem Event. Deswegen war mir auch der Übergang in den letzten zwei Jahren so wichtig.

RP: Wenn wir hier über die Historie des Turniers reden, dann darf natürlich nicht die Frage danach fehlen, welche besonderen Erlebnisse oder Anekdoten es gegeben hat...
HT: Oh, da kann ich Bücher schreiben (lacht). Es gab so viele schöne, menschlich bewegende Momente, mit Spielern, Sponsoren, im Team, mit Gästen und Künstlern. Als Peter Maffay 2012 statt der vereinbarten 80 Minuten Konzert über zweieinhalb Stunden spielte, weil er einfach so viel Freude an der Nähe und der unmittelbaren Begeisterung der Fans hatte. Und sportlich sind es natürlich besonders die Spieler, deren Karrieren hier ihren Anfang nahmen. Zverev hatte ich schon erwähnt, aber aktuell auch Kaspar Ruud, der 2021 hier war, oder die deutschen Spieler Yannik Hanfmann, Maximilian Marterer oder eben Jan-Lennart Struff, der sich 2023 hier wieder Turnierpraxis nach einer Verletzungspause geholt und keinen Satz im gesamten Turnier abgegeben hat. Das sind prägende Erinnerungen.

Das Turnier ist fest etabliert in Braunschweig und Region. Die Menschen kommen gern hierher, die Zuschauerzahlen sind hoch, die Spieler lieben das Turnier und das Entertainment-Programm lockt. In den letzten zwanzig Jahren hätte mir nichts Schöneres passieren können, als dieses Turnier zu gestalten. 

 

 

Geboren 1944 im Harz und aufgewachsen in Braunschweig, studierte Harald Tenzer nach Abitur und Bundeswehr Politikwissenschaften in Berlin. Kurze Zeit später begann er eine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel und übernahm den väterlichen Betrieb, ein Mineralölhandelsunternehmen. Dieses gab er 2016 ab. Parallel war er unternehmerisch und ehrenamtlich aktiv. So war er unter anderem seit 1990 Gründungsgesellschafter von Hitradio Antenne Niedersachsen und Gründer der Brunswiek Marketing GmbH. Von 1980 – 2013 war er Präsident des Großhandels- und Dienstleistungsverbands Braunschweig und von 1982 bis 2013 zusätzlich Präsident des Verbands für Groß-, Außenhandel und Dienstleistungen in Niedersachsen und Präsidiumsmitglied im Bundesverband. Von 1974 bis 2015 war er Mitglied der IHK-Vollversammlung und zwischenzeitlich mehrere Amtsperioden Vizepräsident der IHK. Beim BTSV Eintracht Braunschweig war er von 1987 bis 1995 Präsident und Gründer des Sponsorenpools „Eintracht 100“. Parallel war er Mitglied in diversen DFB-Gremien. 2015 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen. Weitere Auszeichnungen erhielt er von der IHK, von Eintracht Braunschweig und vom Tennisverband Niedersachsen-Bremen.

 

 

 

 

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