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Lifestyle

30. März 2023

UND DER OSCAR GEHT AN FiSCHSTÄBCHEN – Über Design an allen Ecken und Enden

Zweifellos das schönste und vollkommenste Design? Auf diese Frage gibt es nur eine Antwort: die Erde. Wer oder was sich auch immer dafür verantwortlich zeichnet, er hat das größte Kunstwerk erschaffen das wir kennen. Und dann den Menschen ins Paradies gesetzt. Der Rest ist Geschichte. 

Von Christine Grän

Fotografie: fotolia/UMA

Design ist die Kunst, Funktion und Ästhetik zu ver­binden. Der Mensch, sofern seine Grundbedürfnisse erfüllt sind, steht auf Schönheit, zumindest das, was er dafür hält. Designer erfüllen ihm diesen Wunsch – vom Gartenzwerg, der als Ninja gestylt ist, über Jeans mit künst­lichen Löchern bis hin zu Möbeln, die Strohballen nachempfunden sind oder Luftmatratzen in Breznform …

… und längst sind auch unsere Nahrungsmittel vom Design-Wahn infiziert. Wussten Sie, dass die Industrie unter anderem Sound-Designer beschäftigt? Für Cornflakes, Chips, Kekse oder Würstchen zum Beispiel. Damit es knackt, wenn man reinbeißt, weil nicht nur Optik und Geruch, sondern auch der Klang zum Kaufen verführen. Food-Designer kreiieren Lebensmittel, die perfekt aussehen, den Massengeschmack der jeweiligen Länder treffen, genau die richtige Größe für Singles und Kleinfamilien haben – und ob das Zeug dann noch mundet, ist eher drittrangig.

Fischstäbchen sind die frühen Superstars des Food-Designs. Sehen hübsch aus, machen keine Arbeit, riechen kaum nach Fisch – und schmecken auch nur sehr dezent danach. Kinder lieben Fischstäbchen – und Food-­Designer wissen, dass wir alle den Geschmack, die Gerüche und Geräusche unserer Kindheit in uns tragen.

Seit Mitte der 1980er-Jahre hat Food-Design seinen Siegeszug angetreten – und ein Ende ist nicht abzusehen. Grund­nahrungsmittel wie Milch, Zucker oder Getreide müssen nicht mehr durch Verarbeitung verfeinert werden, da nimmt man einfach pflanzliche Rohstoffe wie Soja und kreiert durch chemische Substanzen ein neues Produkt, angereichert durch künstlich hergestellte Aromen. Die Chemiker spucken den Köchen in die Suppe.

Und wir lassen uns appetitlich verführen. Betakarotin in der Margarine. Himbeergeschmack aus Zedernholz. Vanillin aus Abfallprodukten der Papierherstellung …

Man reiche mir doch bitte ein Bauernbrot mit frischer Butter. „Einfachheit ist die höchste Form der Raffinesse“, hat Steve Jobs gesagt, und lange vor ihm Leonardo da Vinci. Er hat 1493, zumindest auf Pergament, das erste Automobil gezeichnet.

Eine Weile später kam der Mercedes Simplex, und irgendwann das legendäre Porsche-Modell. Wussten Sie, dass mittlerweile 90 Prozent aller Autos von nur neun Auto-Design-Chefs entworfen werden? Vielleicht sehen sie deshalb zunehmend ähnlicher aus. Ist nur so eine Theorie.

„Es mangelt an Mut“, sagt Chris Bangle, einer der Auto-Design-Päpste. Die Marketing-Strategen spucken den Designern in die Suppe. Ja und dann schmeckt sie irgendwann nicht mehr.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 05 / September 2017.

 

 

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