Harzglanz
40 Mal Harz
Bergbauden, Hütten und Waldgaststätten
Von Jochen Hotop
Wie sieht eine erfolgreiche Zukunftsstrategie für den Harz mit seinen 40 Bergbauden, Hütten und Waldgaststätten aus? Keine Frage, es hat sich viel getan im Harz. Das zeigen die seit sechs Jahren steigenden Touristenzahlen. Das spüren die Einheimischen. Aber es gibt durchaus noch Möglichkeiten für den Harz, sein Profil und sein Image weiter zu schärfen, sagt Matilde Sophie Groß, Professorin an der Hochschule Harz und Expertin für Touristische Marktforschung. Sie sprach am 24. Februar vor dem Harz Forum im Ettershaus in Bad Harzburg.
Matilde S. Groß zeigte sich gleich zu Beginn zuversichtlich für den Harz. Neue Trends wie das „Waldbaden“ oder die aufgrund des Klimawandels möglicherweise zunehmende Flugscham spielten dem Harz in die Karten. Aber sie ist als Wissenschaftlerin und Marktforscherin auch gewohnt, den Dingen auf den Grund zu gehen. Am Beispiel von Hütten und Waldgaststätten des Harzes zeigte sie Wege auf.
Der Motor des Harztourismus
Was ist eigentlich der Motor des Harztourismus? „Es sind im Wesentlichen sieben Bausteine“, betonte Groß. Der wichtigste Punkt für den Urlaubsgenuss sei der Wohnkomfort. Jeder Urlauber stelle sich zunächst die Frage: Wo möchte ich gern wohnen? An zweiter Stelle der Rangliste folgt bereits Essen und Trinken, für manche sogar der schönste Grund, eine Reise zu machen. Dazu gehöre nicht nur das Speisen im Restaurant, sondern auch die Erlebnisgastronomie sowie Abendveranstaltungen mit Kabarett und Artistik bis hin zu den immer beliebter werdenden Betriebsbesichtigungen. Darüber hinaus fielen in diese Kategorie auch alle Genussmärkte sowie Bauern- und Weihnachtsmärkte. Groß: „Wir haben sogar eine Whisky-Messe im Harz.“ Zu den weiteren Bausteinen gehöre das Thema Service, nicht nur in der Gastronomie und bei den Tourist-Informationen, sondern auch bei allen Freizeitanbietern. An vierter Stelle stehe die Infrastruktur mit ihren Kultur- und Freizeitmöglichkeiten. Darüber hinaus spielten der Ortscharakter, die Landschaft sowie das Thema Verkehr eine wichtige Rolle.
Blick über den Tellerrand
„Als Ansatzpunkte, die Hüttenwirtschaft zunehmend im Bewusstsein der Gäste zu verankern, sollte“, so Matilde S. Groß, „die eine oder andere Hütte noch mehr in Servicequalität und -kultur investieren.“ Außerdem sei es ratsam, auch mal über den Tellerrand zu schauen und von den Erfahrungen beispielsweise im Pfälzer Wald oder im Schwarzwald zu lernen. So stehe im Pfälzer Wald hinter 100 Gasthäusern ein ehrenamtlich geführter Verein, der etwa die Hälfte der Häuser sogar selbst bewirtschaftet. „Allerdings“, fügt Groß gleich hinzu, „gibt es hier eine gewachsene sehr, sehr lange Tradition“.
Hackus & Knieste und Runx Munx
Hütten-Marketing lasse sich im Übrigen auch mit regionalen Spezialitäten machen. So stehe im ganzen Land Brandenburg mit dem „Brandenburg Teller“ ein typisches Gericht auf der Karte. Auch im Harz sei in dieser Richtung vieles möglich, so Matilde S. Groß. Sie verwies auf längst vergessene Gerichte wie Hackus & Knieste und Runx Munx. Ein weiteres Beispiel sind nach ihren Worten Maßnahmen, die den Individualtourismus anregen und den Gast dazu bewegen, von einer Stelle zur nächsten zu fahren oder zu wandern und in der einen oder anderen Hütte einzukehren. „Da sind wir mit der Harzer Wandernadel und Fernwanderwegen wie dem Hexenstieg und dem Baudensteig schon auf einem guten Weg.“ Die Architektur der Gaststätten sei durchaus unterschiedlich. Neben überwiegend aus Holz gebauten Hütten wie der „Steinberg Alm“ oberhalb von Goslar und dem „Rinderstall“ bei St. Andreasberg gebe es auch durchaus „luxuriöse Gebäude“ wie die „Steinerne Renne“ im Ostharz. Groß berichtete, dass es inzwischen Häuser gebe, die von jungen Teams betrieben würden, darunter einige junge Menschen aus den Großstädten, die sich in der Natur neu entfalten und entwickeln wollten.
„Slow Food“ und „Typisch Harz“
Bereits seit Jahren gebe es im Harz ermutigende Signale was den Zukunftstrend der Nachhaltigkeit angehe, sowohl bei Erzeugern als auch bei Restaurants. Matilde S. Groß hob dabei im Besonderen die „Slow Food“-Bewegung und das Label „Typisch Harz“ hervor. Bei „Slow Food“ ständen ökologisch verantwortliche Lebensmittel, bio-kulturelle Vielfalt und vor allem das Tierwohl im Vordergrund. Als Beispiel nannte Groß das Rote Harzer Höhenvieh, das vom Aussterben bedroht war und nun wieder auf einigen Bergwiesen zuhause ist. Die Slow Food-Bewegung werde inzwischen von neun Gastronomiebetrieben vertreten, darunter „Das Rodelhaus“ an der Mittelstation des Wurmberges. Für regionale Erzeugnisse stehe die Produktmarke „Typisch Harz“. Dazu gehörten nicht nur qualitativ hochwertige Fleisch- und Fischangebote, sondern zum Beispiel neben Bier, Obst- und Kräuterlikören auch Brotaufstriche und Backwaren.
Mehr Übersicht bitte!
Was aus der Sicht eines Harz-Gastes wirklich irritiert: Um sich einen Überblick über alle Hütten und Waldgaststätten zu verschaffen, musste Matilde S. Groß an drei verschiedenen Stellen im Internet recherchieren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aber das soll sich nun ändern: Der Harzer Tourismusverband stellt auf seiner für den Sommer geplanten neuen Webseite einen kompletten Überblick in Aussicht. Selbst mancher, der aus Goslar zum Harz Forum gekommen war, zeigte sich überrascht von der unerwartet großen Zahl an Hütten und Waldgaststätten.
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