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Wirtschaft

13. Oktober 2022

Carls Revier

Langerfeldts Lebenselexier

Von Jochen Hotop

(Fotografie: Jochen Hotop)

Die Hege und Pflege des Braunschweiger Einzelhandels der Innenstadt sieht er als seine selbstverständliche Pflicht an. Der langjährige Inhaber eines traditionsreichen Wäschehauses war zuweilen ein unbequemer Partner, gleichzeitig ein brillanter Ideengeber und Initiator vieler Projekte. Hartnäckig, ja unerbittlich in der Sache, behielt er seine Ziele ständig im Visier. Ende Januar wurde Carl Langerfeldt mit der Bürgermedaille der Stadt Braunschweig ausgezeichnet.

Für den Braunschweiger Oberbürgermeister Ulrich Markurth war es keine leichte Aufgabe, das äußerst vielfältige Wirken von Carl Langerfeldt zu würdigen. Zunächst aber äußerte Markurth seine Betroffenheit, dass das Familienunternehmen „Langerfeldt - Das Wäschehaus“ Ende letzten Jahres nach 145 Jahren seine Pforten geschlossen hat. „Nicht nur bei mir, sondern bei vielen Bürgern hat diese Entscheidung Wehmut ausgelöst – war es doch eines der für die Attraktivität der Innenstadt so wichtigen inhaber-geführten Geschäfte“, so der Oberbürgermeister wörtlich.

Über 55 Jahre habe Carl Langerfeldt das Familienunternehmen geführt und beim Verkauf des Gebäude-Ensembles noch einmal unterstrichen, „dass er ein Braunschweiger Geschäftsmann ist, dem es um weit mehr als den ‚bloßen‘ Gewinn geht.“ So habe er beim Verkauf der Gebäude einmal mehr unter Beweis gestellt, mit welch hohem Verantwortungsgefühl und welcher Sensibilität er sich für die Innenstadt einsetze. Als „ehrbarer“ Kaufmann habe er nicht den meistbietenden Investor gesucht, sondern (mit dem Wolfenbütteler Unternehmer Florian Rehm aus der Jägermeister-Familie) eine regionale Lösung gewählt, die eine nachhaltige Entwicklung verspreche. Darüber hinaus habe er für seine Mitarbeiter gesorgt.

„Ein Hauch von Großstadt“

Der moderne Teil des Langerfeldt-Hauses, in dem die Buchhandlung Graff ihren Sitz hat, wurde 1998 von dem Braunschweiger Architekten Professor Hans Struhk (Arte und sieben weitere Funkhäuser) entworfen. Ein architektonisches High light, das Braunschweig einen Hauch von Großstadt gibt.

„Internationale Kontakte“

Carl Langerfeldt, der perfekt Englisch spricht, war nicht nur häufig in Paris, um neue Wäsche-Kollektionen zu begutachten, sondern pflegte auch regen Kontakt nach England. So schätzte er die Zusammenarbeit mit Henrion, Ludlow & Schmidt, eine der früher erfolgreichsten Kommunikationsagenturen der Welt, ganz außerordentlich.

„Die Schloss Arkaden: Eine schwierige Entscheidung“

Eine zentrale Rolle spielte Carl Langerfeldt als IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des Handelsausschusses bei der Entscheidung über die Schloss Arkaden, mit deren Bau die Verkaufsflächen der Braunschweiger Innenstadt um enorme 30 000 Quadratmeter zunahmen - was immerhin 20 Prozent der gesamten Verkaufsfläche der Innenstadt entsprach. Befürworter und Kritiker standen sich unversöhnlich gegenüber. Langerfeldt war sich der Bedeutung des Votums des IHK-Handelsausschusses bewusst und behielt einen kühlen Kopf. Gemeinsam mit anderen Akteuren in der IHK bestand er auf einer Standort- und Wirkungsanalyse von Shopping-Center-Projekten in vergleichbaren Städten. Das Ergebnis waren sechs unverzichtbare Forderungen der IHK, unter anderem was die Lenkung der Besucherströme zwischen Innenstadt und Schloss-Arkaden angeht. Aufgrund des Votums der IHK haben der damalige Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann und der Rat der Stadt Braunschweig den Bau der Schloss Arkaden schließlich befürwortet. Auch 11 Jahre danach ist Carl Langerfeldt nach wie vor davon überzeugt, dass die Einkaufsstadt Braunschweig ohne die Schloss Arkaden eine geringere Bedeutung hätte.

„Langerfeldt bleibt dran“

Markurth würdigte Langerfeldts Engagement mit den Worten: „Im Besonderen in Ihrer 20-jährigen Zeit als Vizepräsident der IHK haben Sie vor allem als Verantwortlicher für den Handel Akzente gesetzt, die bis heute für die Attraktivität unserer Innenstadt prägend sind.“ Zu Carl Langerfeldts Erfolgen gehöre aber auch die Federführung bei der Gründung des Arbeitsausschusses Innenstadt (AAI), dessen Vorsitzender er anschließend jahrelang gewesen sei. Als weitere Stichworte der langjährigen Erfolgsgeschichte nannte der Oberbürgermeister unter anderem den Einsatz für einheitliche Öffnungszeiten, die Weiterentwicklung des Zentrenkonzeptes Einzelhandel sowie das Parkhaus-Management.

Und Langerfeldt bleibt nach den Worten Markurths weiter dran. So habe er sich in den letzten Monaten zum Wohle der Innenstadt für die Vernetzung der beauftragten Makler und neuen Investoren mit dem AAI und der Stadt eingesetzt.

„Langerfeldts Mahnung: Notstand in Mathematik“

Ausgestattet mit einer feinen Antenne für die Nachwuchssorgen der Unternehmen und die Klagen der Hochschulen, was die Mathematik-Kenntnisse der Studienanfänger angeht, griff Langerfeldt die Parole des TU-Professors Thomas Sonar „Notstand in Mathematik“ auf und setzte sich für die Forderungen der IHK ein: den Lehrplan entrümpeln und den Schülern nachhaltig die elementaren Grundkenntnisse der Mathematik zu vermitteln wie Bruchrechnung und Potenzrechnung sowie darüber hinaus Taschenrechner frühestens ab der 9. Klasse zuzulassen. Die von Carl Langerfeldt angestoßene Initiative „Notstand in Mathematik“ fand bei Unternehmern, Universitätsprofessoren und Lehrern eine breite Resonanz.

„Taten zählen, nicht Argumente“

Carl Langerfeldt, der in Göttingen Jura studiert hat, versteht es, Projekte beherzt anzugehen. Ihm ist klar: „Taten zählen, nicht Argumente und Worte.“ Er weiß, dass man mit einem Sack heißer Luft niemanden überzeugen kann. In diesem Sinne achtet er immer darauf, einen hohen Arbeitsdruck aufrecht zu erhalten.

So war es auch bei der Herausgabe der Gedenkschrift für Richard Dedekind. Langerfeldt sah darin einen wichtigen Beitrag der IHK anlässlich der Auszeichnung Braunschweigs als „Stadt der Wissenschaft 2007“. Dedekind (1831 – 1916) ist für ihn eine „mathematische Lichtgestalt“, auf die die Braunschweiger stolz sein können.

Carl Langerfeldt hatte aber auch erkannt, dass die Mathematik von überragender Bedeutung nicht nur für unsere moderne Welt der Digitalisierung ist, sondern der wichtigste Schlüssel für das Verständnis der gesamten Naturwissenschaft und Technik.

„Braunschweig entscheidend mitgeprägt“

Oberbürgermeister Markurth ging in seiner Laudatio auch auf das Wirken Langerfeldts im Stadtrat von 1972 bis 1986 ein. In dieser Zeit habe er die „Wirtschaftspolitik“ der Stadt entscheidend mitgeprägt, sei mehrere Jahre Vorsitzender der CDU-Fraktion gewesen und von 1976 bis 1986 Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, zudem drei Wahlperioden Mitglied im Finanz- und Steuerausschuss.

„Impulse zu mehr Initiative“

Carl Langerfeldt hat viele ungewöhnliche Kompetenzen. Da ist zunächst seine präzise Formulierungs- und Redekunst, die ihn auszeichnet. Da ist aber auch sein untrügliches Gespür für das Machbare sowie seine unendliche Energie und Beharrlichkeit für neue Initiativen. Durch ein gutes Beurteilungsvermögen ist er zudem in der Lage, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

„Langerfeldts Lebenselexier“

Im Dachgeschoss des 1872 erbauten Langerfeldt-Hauses, wo Carl Langerfeldt sein Büro und einen Besprechungsraum hatte, befand sich eine der ungewöhnlichsten Bibliotheken Braunschweigs. Ungewöhnlich schon deshalb, weil die Bücher wirklich gelesen wurden. Besucher wunderten sich zuweilen, dass manche Werke in mehreren Etagen aufgeschlagen auf dem Fußboden lagen und begriffen im gleichen Augenblick: Informationen sind Carl Langerfeldts Lebenselexier. Aber zur geistigen Erbauung gehört ab und zu auch ein Glas Wein. Das genießt der heute 79-Jährige am liebsten bei Harry´s Weinladen.

Jochen Hotop

bringt seine Verbundenheit zum Harz unter anderem mit der Internetseite www.harz-beat.de zum Ausdruck.

 

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