Harzglanz
Das Paradies der Region
Silber, Erz und viele Gäste – die Bedeutung des Harzes
Von Jochen Hotop
Der Harz, ein Naherholungsgebiet mitten in der Region38. Wo viele aus ganz Deutschland anreisen, liegt uns das Paradies quasi zu Füßen. Mit dem Bergbau fing im Harz alles an. Zeitweilig war dessen Silberproduktion sogar die größte in ganz Europa. Auch Erze wurden im Mittelalter bis nach Moskau und London exportiert. Dann kamen die Bergbaufolge-Betriebe, darunter chemische Großunternehmen, die nach wie vor eine bedeutende Rolle in der Region spielen. Zudem blühte der Tourismus auf. Tatsächlich haben heute weit mehr als die Hälfte aller Beherbergungsbetriebe des IHK-Bezirks Braunschweig ihren Sitz im Landkreis Goslar.
Neben Silber fand man im Harz auch Blei, Zink, Gold und Kupfer so reichlich wie sonst an kaum einem Ort auf der Welt. Bis zum 16. Jahrhundert entstanden durch den Bergbau im Westharz mehr als 30 Orte. Bereits 1533 waren allein in St. Andreasberg 116 Gruben in Betrieb. Ein wichtiger Meilenstein war 1775 die Gründung der späteren Bergakademie und heutigen Technischen Universität Clausthal, die nach wie vor Bergbau- und Metallurgie-Ingenieure ausbildet und ein wichtiger Faktor für wissenschaftliche und technologische Entwicklung der Region ist. Bei chinesischen Studenten erfreut sich die Hochschule größter Beliebtheit und gehört bei ihnen zu den ABC-Universitäten „Aachen, Berlin, Clausthal“.
Steht der Bergbau vor einer Renaissance?
Derzeit befindet sich der Harzer Bergbau im Dornröschenschlaf, aber es gibt Hinweise, dass noch großes Potenzial vorhanden ist. So könnten die Lagerstätten von Wolfram, Zinn und anderen Metallen in Zukunft durchaus wieder von Bedeutung sein. Die Rohstoffknappheit und explodierende Preise machen so manche unrentable Grube wie den Goslarer Rammelsberg, einst so etwas wie die Schatzkammer des Reiches, wieder interessant. Die Wiederaufnahme des Bergbaus würde jedoch mit Umweltauswirkungen und Konflikten verbunden sein und bedarf einer sorgfältigen Abwägung. Ein weiteres Zukunftsthema ist das Recycling wirtschaftsstrategischer Metalle. Im Übrigen gilt der Harz mit seinem Vorland als bedeutende Bezugsquelle für mineralische Rohstoffe sowie Kies und Sand.
Moderne Hotels und Resorts
Als wichtiger Wirtschaftszweig hat der Tourismus den Bergbau längst abgelöst. Moderne Hotels und Resorts laden ein und werden ganzjährig gut besucht. Aus gutem Grund: Wandern, Radfahren, Wintersport und Kultur – der Harz ist ein Eldorado an Freizeitmöglichkeiten mit. Insbesondere die Brockenbahn und das in Europa einmalige System der Harzer Schmalspurbahnen haben sich zu einem Publikumsmagneten ohnegleichen entwickelt. In Wernigerode gibt es seit einem Jahr sogar eine „Gläserne Dampflok-Werkstatt“.
In St. Andreasberg lässt sich ein historisches Bergwerk, die Grube Samson, erkunden, die über die letzte funktionierende Fahrkunst der Welt verfügt. Ungemein sehenswert und fotogen ist auch die „Hochzeitskirche“ in Hahnenklee, eine norwegische Stabkirche komplett aus Holz. Sie erinnert an die Bauweise der Wikingerschiffe.
Goethe, Deutschlands bekanntester Dichter, machte den Brocken, auch Blocksberg genannt, als Hexenberg weltberühmt, indem er die Erfahrungen seiner Harzreisen in der Walpurgisnachtszene von „Faust I“ verarbeitete. So erhob er den mit 1142 Metern höchsten Berg des Harzes zum Sehnsuchtsziel für Romantiker. Und über die ebenfalls sagenumwobene und wilde Teufelsmauer bei Blankenburg hat Hans Christian Andersen einst völlig zurecht gesagt: „Der Teufel hat Geschmack“.
Wer Städtetouren liebt und einen Blick für den mittelalterlichen Charme hat, findet am Nordharzrand Traumstädte wie auf einer Perlenschnur: Ilsenburg, Wernigerode, Halberstadt, Blankenburg und Thale. Zusammen mit Bad Harzburg und Goslar bilden sie ein einzigartiges geschichtsträchtiges Städteensemble. Insbesondere die Pfalz zu Goslar gehörte zwischen 1000 und 1250 zu den wichtigsten Zentren großer Politik. Davon zeugen zahlreiche Hof- und Reichstage, Synoden, Feste und hochkarätige Herrschaftstreffen.
Schlösser und Harzer Hütten
Der Harz bietet unzählige Wander-Highlights, nicht nur mit seinen insgesamt 40 Bergbauden, Hütten und Waldgaststätten, sondern auch mit einer beeindruckenden Anzahl von Schlössern, Burgen und Burgruinen. Darunter befinden sich die Schlösser in Wernigerode, Blankenburg und Stolberg, die Wiege des niederländischen Königshauses. Nicht zu vergessen sind die schon erwähnte Kaiserpfalz in Goslar und die Burg Falkenstein.
Hotspot im Harz und andere Attraktionen
Zu einer Hochburg des Harztourismus hat sich der Höhenluft- und Wintersportort Torfhaus entwickelt. Vom Torfhaus, mit 811 Metern einer der höchsten Harzgipfel, genießt man bei klarer Sicht zu jeder Jahreszeit ein eindrucksvolles Panorama, da der Brocken nur rund fünf Kilometer Luftlinie entfernt ist. Die Teilung Deutschlands war bis zur Grenzöffnung gerade an diesem Ort hautnah zu spüren.
In den letzten Jahren sind für das erlebnishungrige Publikum einige Attraktionen hinzugekommen: Die längste Seilhängebrücke der Welt über die Rappbodetalsperre, Deutschlands größte Westernstadt Pullman City sowie der Baumwipfelpfad und die BaumSchwebeBahn in Bad Harzburg. Und dann ist da noch das 2200 Kilometer lange Mountainbike-Wegenetz mit 74 Strecken.
Erhebliche Herausforderungen
Eine besondere – biologische – Erfolgsgeschichte ist die Wiederansiedlung des Luchses. Im Harz leben heute rund 90 Pinselohren, das sind annähernd die Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Tiere.
Unübersehbar sind im Harz hingegen die erheblichen Umweltprobleme, die teilweise regelrecht verstörend sind. Im Besonderen schnell wachsende Fichtenmonokulturen haben nach trockenen Jahren zu einem zum Teil großflächigen Absterben der Bäume durch den Borkenkäfer geführt. Bis eine Wiederaufforstung mit Laubmischwäldern, die widerstandsfähiger gegenüber Umwelteinflüssen sind, den Harz wieder ergrünen lassen, werden Jahrzehnte vergehen. Zurück zur Natur, zurück zum Paradies.
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