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Lifestyle

1. September 2017

Endstation Gastronom

Wie Frank Rosin seinen Beruf, seine Sendung und den Fußball sieht.

Von Christine Grän, David Probst

(Fotografie: Frank Dursthoff, Fotolia/rcfotostock, MediaWorld GmbH)

Wer nix wird – wird Wirt! Ein böser Satz mit starken Anflügen von Wahrheit. TV-Kochstar Frank Rosin erklärt es in einem Gespräch mit StadtGlanz deutlicher:

Ich sage nicht, das Quereinsteiger nicht funktionieren können. Nur müssen sie sich ausbilden für den Beruf – wie für jeden anderen auch. Sie können nicht meinen, dass sie die Kaffee­maschine anschließen, Nudeln in heißes Wasser werfen und Eisbergsalat mit Tomaten schnipseln – und damit ist der Drops gelutscht. Wenn man es aber gut macht, richtig kalkuliert, sein Geschäft beherrscht, fleißig ist – dann wird man auch eine Marke und kann damit Geld verdienen.

Frank Rosin weiß, wovon er spricht. Seit 27 Jahren führt er das „Rosin“, das 2009 als „Restaurant des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Er hat zwei Sterne im Guide Michellin erkocht. Rosin veröffentlicht Kochbücher, tritt in diversen TV-Kochshows auf, war Mitbegründer der Kochvereinigung „Junge Wilde“ und publizierte 2015 das erste englischsprachige Kochbuch über moderne deutsche Küche in New York. Das Multitalent vermarktet seine eigenen Weine im Rosin-online-store. Doch die größte Popularität erzielt er mit seiner Reality-­TV-Show in
Kabel 1: „Rosins Restaurants – Ein Sternekoch räumt auf“.

Wenn Sterne-Köche und Fußballtrainer wie Popstars gehandelt werden, dann ist der 51-Jährige sowas wie der Jürgen Klopp unter den Herdkünstlern. Ebenfalls aus dem Ruhrpott stammend, als Sohn eines Pommesbuden-Besitzers geboren, hat er seine Ausbildung im Restaurant „Kaiserau“ in Gelsenkirchen gemacht. Danach war er Jungkoch in Kalifornien und Spanien und schließlich stellvertretender Chefkoch auf der „Sea Cloud“, einem Luxussegler für Kreuzfahrten. Doch mit Schickimicki hat Rosin wenig am Hut. Und wer seine Sendung kennt, weiß, dass der Mann eine sehr deutliche Sprache pflegt. Kohlenpottmäßig eben. Rosin weiß, wer er ist, was er wert ist und was er kann – und vor dem Herd kann ihm keiner was vormachen. Sein großes Vorbild war übrigens die Großmutter mit ihrer Küche, bodenständig halt, und „Gefüllte Paprika mit Tomatensauce“ ist immer noch eines seiner Lieblingsgerichte. Nummer-Eins-Gewürz: Meersalz. Bevorzugtes Instrument: ein scharfes Messer. Das bringt er gelegentlich auch verbal zum Einsatz.

Ich habe bei keinem Meister gelernt, sondern in einer ganz normalen Gaststätte, dann bin ich zur See gefahren. Als ich zurückkam, sagte meine Mutter, da wird was in Dorsten frei, möchtest du da nicht anfangen? Ich hatte eine sehr strenge Lehrzeit, der Beruf ist verdammt hart, und es war auch schwer am Anfang mit der Selbständigkeit. Meine Mutter hat mir geholfen, und es gab Menschen, die meine Kreativität erkannten und die mich motiviert haben. Ich hab auch kapiert, wie wichtig Marketing und PR sind – und da kommt natürlich auch das Fernsehen ins Spiel.

Rosin ist das, was im Jargon „Rampensau“ genannt wird, einer, der vor der Kamera aufblüht. Seine Sendung hat fantastische Einschaltquoten, wird aber auch kritisiert, und dabei geht es hauptsächlich darum, ob hier nur eine Show abgezogen wird, wie nachhaltig das Ganze ist und ob der Star den Gastronomen wirklich helfen kann, ihre Existenz zu bewahren. Darauf angesprochen reagiert Frank Rosin eher temperamentvoll:

Ich werde doch immer das gleiche gefragt! Jeder, der in ein Restaurant geht, hat eine gewisse Vorstellung davon, was er für sein Geld bekommt, hat aber kein Verständnis dafür, dass da­hinter auch Kompetenz steckt, Einsatz von Geld und Zeit und Wissen … Alfons Schuhbeck hat mir mal gesagt, hundert Prozent in der Gastronomie erreichst du nur, wenn fünfzig der Gast mit­bringt und fünfzig der Gastronom – das heißt, das beide auf Augen­höhe miteinander umgehen müssen. Das hat aber auch damit zu tun, dass die Verantwortlichen hierzulande immer noch nicht um­setzen, das Selbständigkeit aus einem Ausbildungsberuf kom­men sollte – wie beim Bäcker und in jedem anderen Handwerk auch! Man kann doch heutzutage nichts mehr machen ohne Ausbildung. Man muss sein Fach erlernen – und ich spreche von Seriosität in unserer Branche. Einzelne sind natürlich immer darunter, die herausstrahlen, die es vielleicht auch schaffen, weil sie clever sind oder Menschenfänger  …was weiß ich  … oder einen guten Ge­schäftspartner haben. Aber das sind dann wirklich die Ausnahmen.

Gefragt, wie ein Starkoch einen Betrieb so schnell mal retten kann, wandelt sich Temperament in leichte Gereiztheit:

Sie müssen sich vorstellen, das Fernsehteam hat 75 Mitarbeiter, und die arbeiten täglich an den Projekten, das ist schon mal ein mittelständisches Unternehmen. Meine Sendung gibt es in zehn Staffeln. Glaubwürdigkeit, Authentizität – ich gehe auf Menschen zu, höre zu, rede mit ihnen. Und wir begleiten unsere Gastronomen hinter der Kamera ein ganzes Jahr lang. Das heißt, die rufen uns an, schicken Menükarten usw. Wir wollen beide den Erfolg  … ich bin doch kein Masochist, da geht es ja nicht nur um fachliche, sondern auch um menschliche, soziale Probleme. Ich hab da Sachen erlebt, die man kaum glauben würde. Und dann wieder gibt es Erfolgsgeschichten wie „Bei Costas“ in Kiel, und wir haben in den letzten zwei Jahren eine Erfolgsquote zwischen siebzig und achtzig Prozent. Aber na klar, wenn sie Jogi Löw sind und sie sagen dem Özil, dass er so und so spielen soll, und er macht es dann trotzdem nicht und muss den Elfer ja doch selber schießen  … und auch das kann danebengehen, wie wir wissen. Nachhaltigkeit bedeutet, dass der Gastronom das seriös annimmt und weiter praktiziert, worin er von uns geschult wird.

Apropos Fußball: Nach Eintracht Braunschweig gefragt, fällt ihm doch tatsächlich nur Positives ein:

Eine sensationelle Vereinsgeschichte, ich habe in den 1970/1980er-Jahren viele Bundesliga-Spiele gesehen und fand immer, dass das eine herausragende Mannschaft war. Was für ein Team, was für ein Verein! Da war doch auch der Paul Breitner … (Richtig! Anmerkung der Redaktion)
Wolfsburg hat sicher etwas Pech gehabt im letzten Jahr, hat aber trotzdem die richtigen Ansätze und die richtige Infrastruktur. Ich liebe Fußball! Ich bin zwar Schalke-Fan, aber ich gehe ins Stadion, um Fußball zu gucken, und wenn mein Team mal verliert, dann freue ich mich, wenn das andere Team wenigstens guten Fußball spielt, weil dafür bin ich im Stadion.

Ausbildung, Qualität, Seriosität, Kontinuität … das sind die Stichworte, die Rosin immer wieder benutzt.

Was meinen Sie, welche Durchfallraten es bei den Lehrlingsprüfungen der Köche gibt? Was für eine Inkompetenz da geschult wird? Das ist ein Drama. Und das Drama gilt für Quereinsteiger erst recht. Wer ungeschult ist, unreflektiert, wer nie woanders war, die Welt nicht kennt … der kann das mit Kartoffelsalat und Würstchen nicht so einfach mal wettmachen.

Rosins Zwei-Sterne-Restaurant funktioniert nach seinen Aussagen wie eine gut geölte, allerdings hochkreative Maschine:

Bei uns ist es so leise, das man die Fliegen husten hören könnte – die es natürlich in unserer Küche nicht gibt. Ich sage nur: So­­zialkompetenz. Denn Kreativität kann nur in Ruhe und in einem ganz bestimmten Mit­einander gedeihen. Bei uns herrscht kein Druck, wir sind zu hundert Prozent durch­organisiert. Jeder hat seine Arbeitsabläufe, und ich weiß immer ganz genau, was meine Mitarbeiter wann machen. So oft wie möglich steh ich selbst in der Küche, wenn’s geht, den Rest besorgt mein Chefkoch Oliver Engelke. Schließlich hat Mehdorn, als er noch Chef bei der Bahn war, den ICE ja auch nicht selbst gefahren!

Zu guter letzt bleibt die Frage, wie Frank Rosin die Zukunftschancen des Braunschweiger Betriebs HEIDESCHENKE einschätzt, in dem der TV-Sterne-Koch aufräumte (Sendetermin: November 2017).

Ausbildung ist eine große Sache – und sich unternehmerisch richtig aufzustellen. Im Zeitgeist leben – mehr kann ich dazu nicht sagen, dann erklär ich Ihnen ja die Sendung, und das darf ich nicht. Ich glaub schon, dass diese Art von Hotels eine Zukunft haben, weil gerade der Mittelstand, der hier in der Region stark entwickelt ist, dazu passt. Dann sag ich also, bleibt wie Ihr seid, macht fünf Gerichte von Herzen, mit Inbrunst, wie die Mama das zu Hause macht, dann geht der Hotelgast glücklich wegen Authentizität!

Rosins Schlussstatement auf die Frage, was er unseren Lesern gerne noch mit auf den Weg geben möchte?

Man soll zu seiner Region stehen, sie nicht
tot reden. Man soll sie ausprobieren, kitzeln, kritisieren, aber auch erleben. Ich finde die Region um Braunschweig sensationell. Man kann hier ganz tolle Sachen machen. Es gibt gute Gastronomie – und ich glaube, dass hier noch ganz viel passieren wird!

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