Lifestyle
Der heilige Gral aller Forschung
Wie immer im Leben wollen die Menschen eine einfache Antwort… und es ist die immer falsche. (Susan Greenfield, Hirnforscherin)
Von Christine Grän
Frauen sind in Wissenschaft und Forschung stark unterrepräsentiert. Wie auch in Politik und Wirtschaft, Kunst und Kultur. Bis 2020 wurden Nobelpreise an 782 Männer, 56 Frauen und 28 Organisationen verliehen. It’s a man’s world, nichts Neues also.
Dass die reichsten und mächtigsten Männer der Welt ein Vermögen dafür ausgaben, Alter und Tod zu besiegen, ist Geschichte. Der Heilige Gral verhieß Glückseligkeit und Unsterblichkeit und lockte damit die Ritter der Tafelrunde an. Vor über 4000 Jahren forschte Gilgamesh, der legendäre König von Uruk, nach dem Kraut der ewigen Jugend. Pharaonen ließen sich einbalsamieren und Pyramiden bauen, um ihrer Vergänglichkeit zu entgehen. Der erste Kaiser von China befehligte den Bau der Chinesische Mauer gegen Feinde von außen und schluckte ein Jugend-Elixier, das allerdings Quecksilber enthielt und ihm einen schmerzhaften Tod bescherte. Diktator Stalin finanzierte Wissenschaftler, die ihm ewiges Leben versprachen, jedoch vor ihrer Zeit sterben mussten, weil sie erfolglos blieben.
Und heute? Google-Gründer Sergey Brin, 50, sagt, er habe nicht vor, in die ewigen Jagdgründe einzugehen. Er ist einer der Geldgeber des ‚Calico Labs‘, in dem Forscher daran arbeiten, das Altern zu besiegen. Jeff Bezos, Mark Zuckerberg und Elon Musk wollen nicht nur den Mars besiedeln, sondern auch Krankheit und Tod ein Schnippchen schlagen und geben dafür Milliarden an Forschungsgeldern aus. So hat Musks Firma Neuralink 2020 einen Chip präsentiert, der ins Gehirn geschoben wird und Nervenimpulse nach außen überträgt. Was bei Schweinen angeblich schon funktioniert und irgendwann auch beim Menschen klappen soll. Stirbt der Körper, geht das Leben im Internet weiter. Arbeit, Freizeit und Sex sind dann halt virtuell - und bei Bedarf kann ein humanoider Roboter dazu gemietet werden. Ray Kurzweil, Chefingenieur von Google, verfolgt einen ähnlichen Ansatz: Gehirne werden an Roboter übertragen, und der anachronistische, störungsanfällige Körper schlicht entsorgt.
Schöne, neue Welt ohne Krankheit, Alter und Tod? Hört sich zunächst verlockend an, wäre aber weiter gedacht wohl eher ein Horrortrip - zumindest für das Gros der Menschheit. Altersforscher, Biologen und Mediziner in aller Welt versuchen es eine Nummer kleiner: Krankheiten besiegen und Leben verlängern. Mit Mäusen, Würmern oder Taufliegen wurden schon beachtliche Erfolge erzielt. 120 Jahre sind ein realistisches Ziel der heutigen Altersforschung, aber das kann noch dauern. Eine interessante Zahl am Rande: Wissenschaftliche Studien, die aufgrund von Betrugsvorwürfen zurückgezogen werden mussten, haben sich seit 1975 verzehnfacht. Dazu passt ein Zitat von Thomas Henry Huxley: Die größte Tragödie der Wissenshaft überhaupt ist der Tod einer wunderschönen Hypothese durch die Hand einer häßlichen Tatsache.
Christine Grän
wurde in Graz geboren und lebte in Berlin, Bonn, Botswana und Hongkong, bevor sie nach München zog. Die gelernte Journalistin wurde durch ihre Anna-Marx-Krimis bekannt, die auch verfilmt wurden. Sie veröffentlichte unter anderem die Romane „Die Hochstaplerin“, „Hurenkind“ und „Heldensterben“. Zuletzt erschienen „Amerikaner schießen nicht auf Golfer“, „Sternstraße 24“ und „Glück am Wörthersee“ im ars vivendi Verlag.
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