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Lifestyle

28. Februar 2024

Kreta: Traumstrand zwischen Felsen

Kreta begrüßt uns mit einem Upgrade.

( Fotografie: Marieke Eichner )

Die Leihwagen-Firma vor dem Flughafen in Heraklion meint, mit dem Kombi habe es leider Probleme gegeben. Stattdessen drückt man uns die Schlüssel zur neuen Mercedes A-Klasse in die Hand. In weißen Ledersitzen kurven wir über die Serpentinen, vorbei am Sonnenuntergang und immer heller leuchtenden Flecken menschlicher Zivilisation zwischen Felsen und trockener Vegetation.

In der Villa oberhalb von Rethymno nehmen uns lachend die Freunde in Empfang. Kalispera! Es gibt griechischen Salat mit Wassermelone, Gurke und natürlich Fetakäse. Mit den Beinen im Pool wird der erste Weißwein geöffnet. Vielleicht ist es die lauwarme Luft, das Zirpen der Grillen oder das ungläubige Staunen über so viel Urlaubs-Kitsch, aber „Mantineia“ schmeckt großartig. Noch am ersten Abend retten wir eine Gottesanbeterin, die mit uns in den Whirlpool hüpfen möchte. Vom Balkon unseren Zimmers aus sieht man das Nachtleben von Rethymno schimmern.

Beim Frühstück wird vom gestrigen Ausflug in den Dino-Park geschwärmt, einfach fantastisch, diese lebensgroßen Modelle, etwas gruselig, dass sich alle bewegen, aber definitiv etwas für die beiden Kleinen, die sich gerade mit einer großen Portion Joghurt mit Honig stärken. Die Ersten schwingen sich auf die auf der Insel geliehenen Rennräder. Mutig, wie ich finde, bei der kreativen Straßenführung. Kalimera, gute Fahrt! Abends werden sie berichten, in Deutschland fahre man nach Regeln, auf Kreta nach Gefühl und Menschenkenntnis. Man bräuchte nur eine Vorliebe für Höhenmeter.

Während die einen im historischen Kloster Arkadis um Babyglück beten und beim antiken minoischen Palast von Knossos das europäische Kulturerbe bestaunen, zieht es die anderen auf den Olivenhain in Melidoni und in der Mittagshitze zur Abkühlung in die Tropfsteinhöhle. Wir fahren an den Arena Beach, östlich von Heraklion, zugegebenermaßen ein Touri-Hotspot, doch nun im Herbst angenehm leer. Das Strandcafé serviert uns trotzdem einen Frappé. Der Surf-Verleih drückt uns ein Board in die Hand, die hellblauen Wellen tragen uns am Ufer entlang und wir ein paar Stunden später den Sand in die A-Klasse.

Pittoresker und weniger industriell als die Hauptstadt Heraklion präsentiert sich am nächsten Morgen Chania. Die alte Hafenstadt hat es sich in ihren alten Fassaden, schiefen Ruinen und engen Gassen zur Aufgabe gemacht, die besten Restaurants der Welt in ihrer Altstadt zu versammeln. Wir entscheiden uns für das „To Stachi“, dessen Chefkoch Stelios prompt an unserem Tisch steht, die gesamte Karte zu seinem Lieblingsessen erklärt, mit einem großväterlichen Seitenblick auf uns aber schließlich „Anthi“ – die traditionellen Zucchiniblüten gefüllt mit Reis – und „Boureki“, eine Art Blätterteig-Lasagne mit Kartoffeln und Kürbis, empfiehlt.  Kalí órexi!

Zur Vorspeise lässt er uns seinen Bulgur mit Zutaten aus dem Hinterhofgarten probieren, zum Nachtisch gibt’s griechischen Kaffee. Im zentimeterdicken Kaffeesatz kann ich meine Zukunft sehen: sonnig. Nach einem Spaziergang über die Promenade hören wir die dunkelblaue Brandung auf den kilometerlangen Sandstrand schlagen. Mit vollen Bäuchen genehmigen wir uns ein Schläfchen unter einem großen Johannisbrotbaum, bevor wir uns wieder auf ein Surfbrett wagen. Ein beinahe grelles Abendrot weist uns den Weg zurück zur Villa.

Täglich trägt uns unser luxuriöser Kleinwagen über die Inselstraßen. Tankstellen gibt es zuhauf, hinter den Leitplanken der Landstraße, die die Küstenlinie Kretas entlangführt, beugt sich meterhohes Schilfgras auf den Seitenstreifen, gibt manchmal den Blick auf felsiges Ufer, manchmal auf kleine Bungalowsiedlungen frei. Überall blühen wilder Oleander und die fluffigen Bougainvillea, die Drillingsblumen. Auf dem Weg nach Süden passieren wir den Vouno-Vrisina-Park und fahren durch die wuchtige Kourtaliotiko-Schlucht, Ziel: Paralia Preveli, ein Palmenstrand zwischen zwei Felsnasen.

Zugegeben: Von beiden Parkplätzen aus muss eine steinige Strecke über Geröll und ausgetretene Stufen zurückgelegt werden, dafür bietet der Weg einen unglaublichen Blick auf den grauen Kiesstrand mit seinen Schatten spendenden Nadelbäumen und den Fluss, der aus den Bergen kommend von Palmen gesäumt auf das klare, ruhige Meer trifft. Wer unten angekommen nicht sofort durch das eiskalte Süßwasser waten will, gönnt sich einen Snack im Bistro. Gestärkt werden dann die Wellen umspülten Felsen im Wasser erklommen. Mutige springen von ihrer Spitze, Neugierige umschwimmen sie und entdecken versteckte Höhlen.

Auf dem Rückweg beschließen wir, Hunger zu haben, des Aufstiegs wegen. Kurz vor der Schlucht entdecken wir auf der anderen Seite des eiskalten Bergflusses das Restaurant Gefyra. Am Ufer singt Rhea Skoulakis unsere Songwünsche, die kulinarische Chefin versichert, wir bräuchten nach so einem Tag definitiv das griechische Daki, dunkles Brot mit Tomaten, Käse und Olive, und danach auf jeden Fall das Lamm- und Schweinegericht mit Kartoffeln. Schon die Vorspeise schmeckt so gut, dass wir telefonisch den Rest der Reisegruppe herbeordern, wir schieben die Tische unter den Laubbäumen zusammen. Mit so vielen Menschen ist die Flasche Raki bald leer. Jámas!

Vor dem Rückflug versuchen wir es doch noch einmal mit dem Surfen, am Westzipfel sollen die Wellen nicht allzu flach sein. Auf der Straße hinunter nach Falasarna verstehe ich, warum auf den Seitenstreifen immer wieder kleine bunte Obst- und Getränkestände warten: Diese steilen Hänge bewältigt man nur in engen Kurven und die schlagen auf den Magen. Ich bin Norddeutsche, ich kenne weder hohe Berge noch ein klares Meer, umso entzückter staune ich. Mit mehreren Pausen, durch Olivenhaine und kleine Dörfer, geht es auf einen breiten, weißen Sandstrand, die türkisfarbene Brandung scheint stark genug, wir sind es nach einer Mahlzeit im Beach-Restaurant ebenso. Stundenlang paddeln wir auf dem Surfbrett hinaus, das Meer belohnt unser Durchhaltevermögen mit immer höheren Wellen.  Epharisto, Poseidon!

Erst als die Sonne die grün betupften Berghänge berührt, brechen wir schweren Herzens auf. Von den Weiden blöken uns die Ziegen und Schafe ein letztes Mal zu. Kalinichta!

In der Villa angekommen, ist es schon dunkel, aber niemand will die Koffer packen. Wir öffnen das letzte Mythos-Bier.

Antío sas – auf Wiedersehen – Kreta!

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 29 / Winter 2023.

Marieke Eichner

kommt aus Gifhorn und lebt seit mehr als fünf Jahren in Braunschweig. Nach ihrem Volontariat beim Gifhorner Stadtmagazin KURT mit den Schwerpunkten Print und Online arbeitet sie nun in Braunschweig als freiberufliche Redakteurin für die News-Redaktion von Radio Okerwelle und für das Regionalmagazin Stadtglanz. Geboren, aufgewachsen und ausgebildet in der Region, ist sie immer auf der Suche nach neuen Geschichten.

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