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Lifestyle

1. Mai 2023

Welcher Ordnungstyp bist du?

Wenn Menschen zusammenziehen, egal, ob in einer WG oder als Paar, trifft in vielen Fällen ein ordnungsliebender Charakter auf jemanden, der sich schwer tut mit dem Aufräumen.

Von Marcel Niemeier

(Fotografie: Adobe Stock/Zarya Maxim)

Konflikte sind daher vorprogrammiert, da jede Person eine unterschiedliche Auffassung und Wahrnehmung in Bezug auf Ordnung hat. Verschiedenartige Ordnungstypen treffen daher nicht nur in Beziehungen, sondern oft auch im Alltag oder sogar auf der Arbeit aufeinander. Wir alle kennen den einen Kollegen, der die Kaffeetasse nie wegräumt. Oder die eine Kollegin, die ihren Arbeitsplatz so hinterlässt, als sei eine Bombe eingeschlagen.

Marcel Niemeier ist Aufräumcoach in der Region38 und darf bereits seit über 2 Jahren in die privaten Schubladen und Schränke seiner Kund:innen schauen. Uralte Videokassetten, zahlreiche Ansammlungen von Frischhaltedosen und die hässliche Kerze, die es zum Geburtstag von Tante Sabine gab, sind nur einige Gegenstände, die wir nicht unbedingt benötigen. Genau diese Dinge, die wir nicht nutzen, müssen regelmäßig ausgemistet werden.  

„Bei meinen Aufräumcoachings habe ich schon zahlreiche Ordnungstypen kennenlernen dürfen. Um das Konfliktpotenzial jedoch möglichst gering zu halten, können sich Menschen, die zusammenleben und ein unterschiedliches Empfinden von Ordnung haben, die folgenden Fragen stellen:

  • Ist eventuell ein einfacher Kompromiss möglich?
  • Wie motiviere ich mich und mein Gegenüber zum Aufräumen?
  • Wie kann ich als gutes Vorbild agieren? Kann Ordnungsliebe „anstecken“?
  • Und: Welche Ordnungstypen gibt es überhaupt?

Die Präferenz für Ordnung kann also sehr unterschiedlich sein. Prinzipiell lassen sich aus meiner Erfahrung daher folgende Ordnungstypen unterscheiden:

Der/die Wertschätzende aka der Sicherheitstyp

Einer Person mit großem Sicherheitsbedürfnis ist es sehr wichtig, alles im Zugriff zu haben, zu wissen, was der Besitz ist und wo er sich befindet. Zudem ist es wichtig, Daten zu sichern und immer erreichbar zu haben. Zahlreiche Erinnerungsstücke, kleinere Verbrauchsmaterialien wie Büroklammern oder Reisemitbringsel werden sorgsam aufgehoben und verstaut. Sie wollen die Vergangenheit sicher bewahren. Es kann auch sein, dass sie mit erlittenen Verlusten zu kämpfen haben. Nahe Angehörige sind gestorben, deren Dinge aufbewahrt werden. Oder sie hatten durch Vertreibung und Krieg schon einmal alles verloren und halten jetzt an allem fest. Solche Menschen vergessen dabei allerdings, in der Gegenwart zu leben, haben Angst vor der Zukunft und behalten Dinge für einen Fall, der höchstwahrscheinlich nie eintreten wird.

Der/die Offenherzige aka der Emotionstyp

Der offenherzige Typ hebt die Bücher, Spielsachen und Kartons der erwachsenen Kinder so lange auf, bis diese irgendwann abgeholt werden. Oder auch nicht. Bei den Offenherzigen untergestellte Koffer von Freunden nehmen viel Platz weg. Oft denkt dieser Typ zu wenig an sich und an die eigenen Platz- und Ordnungsbedürfnisse. Außerdem hat jedes noch so kleine Ding eine Bedeutung und erinnert an Momente, Personen, Urlaube oder andere Schlüsselerlebnisse.

Der/die Sammler:in aka der praktische Typ

Der/die Sammler:in hängt an seinen oft über Jahre zusammengetragenen Schätzen. Wenn diese einen entsprechenden Platz in der Wohnung finden und angemessen zur Geltung kommen, können Besitzer und Besucher sich daran freuen. Wenn die Sammelleidenschaft aber überhandnimmt und getragen ist von dem Gedanken „Das könnte ich vielleicht noch einmal brauchen“, kann es zu Platzproblemen kommen. Außerdem hebt dieser Typ gerne jahrelang ungenutzte Schrauben, Gummibänder oder Klammern auf, da diese ja noch zu gebrauchen sind.

Der/die Chaot:in aka der Alleskönner-Typ

Unter Künstlern findet man oft Liebhaber des kreativen Chaos. Sie haben eine eigene Vorstellung von Ordnung. Nahezu jeder Gegenstand kann zu einem neuen Kunstwerk werden oder dafür verwendet werden und wird deshalb aufbewahrt. Die Grenze ist erreicht, wenn auch der/die Chaot:in die benötigten Dinge nicht mehr findet. Zudem werden zahlreiche Hobbies angefangen, aber weder durchgeführt noch zu Ende gebracht. So häufen sich Staffeleien, Gitarren-Saiten und Boxhandschuhe zwischen dem Skateboard und den Häkel-Nadeln.

Wenn alle Ordnungstypen bekannt sind, ist es hilfreich, dass die ganze Familie, das Paar oder die WG an einem Tisch zusammenkommt. Alle besprechen gemeinsam, was für sie Ordnung bedeutet und was sie bereit sind, dafür zu tun. Im Zentrum stehen dabei zunächst die gemeinsam genutzten Räume wie Flur, Küche oder Bad. Jede Person soll dabei ihre Bedürfnisse kundtun, wobei es wichtig ist, diese ohne Wertung zu akzeptieren.

Mit 5 einfachen Maßnahmen geht Ordnung herstellen und halten ganz leicht. Das gilt für alle Ordnungstypen:

1.Ein klares Ziel definieren:
Wie soll es nach dem Aufräumen aussehen? Was möchte ich erreichen? Wie möchte ich leben? Beispiel: Wenn ich sehr gerne koche, möchte ich vielleicht, dass die Küche genug Fläche zum Zubereiten bietet, anstatt nur eine vollgestellte Arbeitsfläche.

2.Plan machen:
Wie will ich das Ziel erreichen? Wie kann ich das Aufräumen in meinen Alltag integrieren? Bin ich eher morgens oder abends aktiv?

3.Voraussetzungen schaffen:
Bevor Ordnung entstehen kann, muss Raum geschaffen werden. Deshalb stehen vor dem Aufräumen immer das Aussortieren und Entsorgen im Fokus.

4.Rahmenbedingungen setzen:
Eine geeignete Rahmenbedingung ist zum Beispiel, wenn ich mir einen bestimmten Zeitraum fürs Aufräumen reserviere und direkt in den Kalender als Termin eintrage. Oder ich lege meine Lieblingsmusik auf und trinke dabei mein Lieblingsgetränk.

5.Regelmäßige Routinen verstärken die Motivation.
15 Minuten Aufräumen morgens nach dem Frühstück hilft zum Beispiel dabei, eine Grundordnung herzustellen und zu erhalten. Es ist außerdem ratsam, zunächst die kleine Krimskrams-Schublade anzugehen, anstelle des ganzen Schlafzimmers. Klein und in Häppchen beginnen, um so eine konstante Motivation beizubehalten.

Wichtig ist, sich nach dem Aufräumen eine kleine (gemeinsame) Belohnung zu gönnen. Das motiviert sehr und verbindet.

Es ist also ganz einfach. Und einfache Maßnahmen helfen jedem Ordnungstyp.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 27 / Sommer 2023.

 

 

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