Kultur
Serien-Junkie
Unsere Streaming-Tipps für einen Serienmarathon
Von Christine Grän
SIND DIE GUTEN DIE BÖSEN?
Watchmen (Die Wächter) bei Sky (9 Folgen)
Die HBO-Serie nach dem Sci-Fi Graphic Novel von Alan Moore und Dave Gibbons entführt in ein dystopisches Amerika, in dem sich Gut und Böse epische Kämpfe liefern. Doch sind die Guten nicht auch die Bösen und vice versa? Der US-Präsident hat den Afroamerikanern die Steuern erlassen, und die Weißen fühlen sich als Minderheit bedroht. Da sind einerseits die Polizisten, die Masken tragen, und die Rassisten, die so kultiviert daherkommen. Superheldin ist eine afroamerikanische Ex-Polizistin, und all die Gewalt wird spektakulär in Szene gesetzt. Ach ja, und dann regnet es immer wieder mal Baby-Calamare vom Himmel. Einfach so.
DAS LEBEN KANN KOMISCH SEIN
The Marvelous Mrs. Maisel bei Amazon Prime (3 Staffeln á 8 Folgen)
Die Geschichte von Mitch Maisel spielt im New York der 50er Jahre. Eine Dramedy: Ihr Mann verlässt sie wegen einer Sekretärin, sie flüchtet sich in Bars und auf Kleinkunstbühnen. Denn Mrs. Maisel hat ein Talent zur Standup-Comedy, und kaum hält sie ein Mikro in der Hand, wird sie sehr komisch, in einer grandiosen Melange von Wahrheit und Übertreibung. Denn Mitch redet über ihr Leben als höhere jüdische Tochter, betrogene Ehefrau, überforderte Mutter. Sie will gegen alle Widerstände Karriere machen - und davon gibt es mehr als genug in der absolut männerdominierten Welt der 50er Jahre. Fabelhafte Nebenfiguren: Vater Abe, der sich vom ehrwürdigen Professor zum Trotzkisten wandelt, aber nur kurz, Mutter Rose, so herrlich snobby, die Agentin Susie, eine Zockerin, und Lenny Bruce, der genialste Comedian seiner Zeit, der nach seinen Auftritten oft wegen obszöner Wortwahl verhaftet wurde. Ein Feuerwerk an Gags und Ausstattung!
DENEN IM DUNKEL GLAUBT MAN NICHT
Unbelievable (Mini-Serie bei Netflix, 8 Folgen)
Die Geschichte basiert auf einem Zeitungsartikel über einen Serienvergewaltiger in den Jahren 2008 bis 2011 in Washington und Colorado. Eines seiner Opfer ist Marie Adler, die in schwierigen sozialen Verhältnissen lebt und vom Sozialamt betreut wird. Marie geht zur Polizei- und wird nochmals zum Opfer. Denn Detective Parker glaubt ihr nicht, sie zieht schließlich die Anzeige zurück und wird von der Presse als Lügnerin verfolgt. Weiter Vergewaltigungen folgen, zwei Polizistinnen finden den roten Faden - und den längst zu den Akten gelegten Fall Marie Adler. Das ist spannend, berührend und grandios umgesetzt. Maries Schicksal geht zu Herzen und ja, zum Schluss gibt es noch ein wenig Gerechtigkeit. Ein Kriminalfall, der unter die Haut geht.
AND THE OSCAR GOES TO
The Affair (Amazon Prime, 5 Staffeln á 10 Folgen)
Der Schriftsteller Noah, seine Frau und ihre drei Kinder verbringen den Sommer in den Hamptons, und dort beginnt die Affäre zwischen ihm und der Kellnerin Alison. So weit so gut. Doch die besondere Qualität liegt in der subjektiven Darstellung der Ereignisse. Sowohl Noah wie auch seine Frau Helen wie auch Alison erzählen die Geschichte aus ihren Blickwinkeln - und der Zuschauer muss zwischen den unterschiedlichen Versionen die Wahrheit selbst herausfiltern. Ruth Wilson und Dominic West spielen ihre Rollen mit diesem Hauch von Irrsinn, Leidenschaft und Lügen bis zum bitteren Ende. Oder zum guten Ende – wie es Euch gefällt. Binge-Watching garantiert!
FOREVER AND EVER AND EVER …
Friends (bisher bei Netflix, jetzt bei Amazon, 10 Staffeln mit 236 Episoden)
Die Kultserie ist vielleicht nicht die beste Sitcom aller Zeiten, aber sie zählt zu den Favoriten. Die Geschichten um sechs Freunde im Manhattan der 90er Jahre wirken auch nach so langer Zeit nicht angestaubt. Es ist Comedy vom Feinsten mit einem Schuss Drama und Liebesschmerz, mit Siegen und Niederlagen, verrückten Situationen - und eben jener Freundschaft, die die sechs trotz aller Konflikte zusammen hält. Mein Favorit ist Chandler Bing mit seinen herrlichen Sarkasmen, gefolgt von Phoebe, so schräg drauf, und Joey, der ebenso schlicht wie liebenswert ist. Die Rolle der Rachel ist Jennifer Aniston auf den Leib geschrieben. Unbedingt anschauen, diese Serie macht glücklich!
Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 15 / April 2020.
Christine Grän
wurde in Graz geboren und lebte in Berlin, Bonn, Botswana und Hongkong, bevor sie nach München zog. Die gelernte Journalistin wurde durch ihre Anna-Marx-Krimis bekannt, die auch verfilmt wurden. Sie veröffentlichte unter anderem die Romane „Die Hochstaplerin“, „Hurenkind“ und „Heldensterben“. Zuletzt erschienen „Amerikaner schießen nicht auf Golfer“, „Sternstraße 24“ und „Glück am Wörthersee“ im ars vivendi Verlag.
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