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Lifestyle

3. Februar 2021

Interpretation oder die etwas andere Sichtweise

Unser Erleben des Lebens

Von Sten Bens

Man sagt, dass die Augen am Sehen nur zu 10 % und das Gehirn zu 90 % beteiligt sind. Wie die selektive Wahrnehmung, geprägt durch erlernte Muster unserer Erziehung und die daraus resultierenden Überzeugungen, uns eine Welt spiegelt, die nie so klein und begrenzt ist, wie sie uns erscheint, darüber haben wir bereits gesprochen. Wir haben gesagt, diese Glaubensmuster bilden den Filter, durch den wir unser Leben betrachten und dass wir die Freiheit haben, diesen Filter zu verändern.

Die Glaubensmuster sind aber auch für unser heutiges Thema verantwortlich. Wie wir das, was wir sehen, bewerten, hängt ebenfalls davon ab, wie wir „geprägt“ sind. Unsere Sichtweise der Dinge bildet den Rahmen, in dem wir diese bewerten. Wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind, sondern wir sehen sie, wie wir sind – aus dem Talmud.

Ich glaube, wir sind uns einig, dass unterschiedliche Betrachtungen von Situationen auch zu unterschiedlichen Reaktionen und damit zu unterschiedlichen Verläufen der sich daraus ergebenden Dinge oder Diskussionen führen werden.

Betrachten wir zunächst die Ursache für unsere Gefühle. Sie werden erzeugt durch unsere Interpretation einer Situation und die ist nun mal das Ergebnis unserer eigenen Gedankenwelt – unser Erleben des Lebens – durch unsere eigenen Filter eingefärbt und mit Sinn aufgefüllt.

Aber welchen Wert geben wir einer Situation? Oder besser, welchen Wert wollen wir einem Erlebnis beimessen? Sehen wir die vielen Schwierigkeiten und fangen an zu verzweifeln oder sehen wir Chancen?

Egal, wie wir eine Situation bewerten, es ist nur eine mögliche Sichtweise und wir haben die Wahl, sie auch anders zu betrachten. Auch wenn wir es in einem für uns schwierigen Moment nicht sehen können oder wollen, wir können es trainieren, anders zu interpretieren, wenn uns unsere bisherigen Reaktionen im Leben nicht förderlich erscheinen. Viele meinen, das ginge nur über das Aneignen von Wissen und das sei oftmals für bestimmte Situationen ein weiter Weg. Aber auch das ist Interpretation und wir müssen aufpassen, ob diese hier hilft oder eher lähmt.

Damit haben wir bereits einen wichtigen Gradmesser gefunden: Hilft mir meine Interpretation der Situation auf dem Weg zum Ziel oder ist sie hinderlich, macht mich machtlos und somit zum Opfer der Umstände? Bekanntlich führen viele Wege nach Rom und ich behaupte, es gibt für jeden einen. Ich liebe es, wenn es einfach geht und die PS recht schnell auf die Straße gelangen.

Wir können bereits durch einfache Routinen auf unsere grundlegenden inneren Haltungen einwirken. Die meisten Werte, Regeln und Überzeugungen fußen auf grund­legenden Haltungen hinter diesen Konzepten, die auch in unterschiedlichen Gehirnregionen verarbeitet werden. Eine dieser grundlegenden Haltungen ist das umfassende Denken im Gegenzug zum ausschließenden Denken.

Das umfassende Denken ist öffnend, führt dazu, dass wir den Menschen und dem Leben selbst mit Neugierde und Interesse begegnen. Ausschließendes Denken verschließt uns, begrenzt und führt zu negativen Denkroutinen. Wenn wir diese unterschiedlichen Haltungen mit Beweglichkeit vergleichen wollten, so ist das ausschließende, begrenzende Denken in seiner starken Ausprägung immobil und das umfassende Denken sehr mobil.

Stellen Sie sich vor, Sie haben gerade eine negative Erfahrung gemacht und stecken dadurch (zumindest für den Rest des Tages) in der Überzeugung „alles muss man selber machen“. Da wir in jedem Muster einen unterschiedlichen Wortschatz verwenden, hat auch diese Haltung einen sich selbst verstärkenden Mechanismus. Stellen Sie sich also jetzt weiter vor, Sie sitzen in großer Runde an einem reichlich gedeckten Tisch und von der anderen Seite wird Ihnen eine Schüssel gereicht mit etwas, was Sie nicht mögen. In Ihrer Haltung könnten Sie jetzt mit etwas genervter Stimme so etwas sagen, wie „nimm das weg, ich hasse das“. Ihr Gegenüber (auch nicht in allerbester Laune) hat gerade kein Bedürfnis mehr, sich weiter mit Ihnen ab­zugeben, stellt die Schüssel zurück und beginnt ein Gespräch mit der Sitznachbarin. Da sehen Sie, dass neben der Schüssel etwas steht, was Sie mögen. In Ihrer Haltung neigen Sie jetzt einmal eher dazu, selbst aufzustehen, um den Tisch zu gehen um sich das Essen zu holen – und Sie murmeln noch: „alles muss man selber machen“. Wären Sie aber gerade in der Grundhaltung gewesen von „das Leben spielt einem zu“, dann hätten Sie auf die Ihnen gereichte Schüssel wahrscheinlich eher so einen Satz gesagt, wie: „oh danke, aber ich bevorzuge …“ und derjenige, der Ihnen die Schüssel gerade reicht, könnte sagen: „ja, die stehen hier auch“ und würde die dann reichen. Sie selbst können dann einmal mehr denken: „am Ende spielt einem das Leben doch immer wieder zu“.

Wie kommen wir öfter in diese Haltungen, die auf umfassendes Denken fußen? Ein sehr einfach, wie effektives Mittel ist das Gehirn-Training des vorderen linken Hirnlappens. Dort, wo positive Gedanken verarbeitet werden. Das können wir zum Beispiel mit einer Art Tagebuch erzielen, in dem wir zum Beispiel die positiven Ereignisse des Tages sammeln. Auch hier gilt der erste Hauptsatz der Neurobiologie: „Where mind goes, energy flows!“ Wenn wir uns jeden Abend Zeit für uns nehmen und den Tag reflektieren auf seine schönen Momente und den neuen, gesammelten Erfahrungen, werden wir eine starke Basis legen können. Meine Erfahrung dabei ist,dass es vielen leichter fällt, wenn sie sich dazu mit jemanden austauschen können, zumindest, bis die Routine sitzt. Ich wünsche Ihnen, sollten Sie das ausprobieren, viele wundervolle Erkenntnisse.

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