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Wirtschaft

24. Oktober 2022

Nachhaltiges Planen und Bauen - aktueller denn je

STAUTH I Architekten im Gespräch mit STADTGLANZ

Von Lina Tauscher

(Visualisierung: Stauth Architekten)

Wir treffen uns mit STAUTH Architekten im ARTmax in Braunschweig, einem ehemaligen Industriestandort, der bereits im Jahre 1998 vom Inhaber Stephan Körber zu einem  Bürostandort für unterschiedliche Branchen wie Business, Design, Medien und Gastronomie umgebaut und umgenutzt wurde. Unter den Nutzern der ersten Stunde befindet sich auch das Architekturbüro STAUTH: Gegründet 1992 unter dem Namen „Reichel + Stauth“, leiten seit 2020 Gabriele Gropp-Stauth, Dr. Rüdiger Stauth und Tochter Marleen Stauth das Unternehmen.

Von der Projektentwicklung über die Entwurfsplanung bis zur umfassenden Baubetreuung begleiten STAUTH I Architekten ihre Bauvorhaben und wirken auch bei der Realisierung stilvoller, akzentuierter Innenarchitektur wie der des „ÜBERLAND“ mit. Spezialisiert auf die Bereiche Wohnungs-, Hotel-, und Bürobau werden vom 16-köpfigen Team neben  Bauvorhaben am Standort ebenso Leistungen für überregionale Projekte wie der Bürokomplex „Kronenburg“ in Dortmund  und der „Wohnpark Ohechaussee“ in Norderstedt sowie das „Berliner Haus“ mit Bürohaus und Hotel in Wolfsburg realisiert.

Wie sich die Branche mit dem gesellschaftlichen Bewusstsein bezüglich des Themas „Nachhaltigkeit“ gewandelt hat und welches breite Spektrum dieses Thema in der Architektur sich dabei aufspannt, hat das Architektentrio im Gespräch mit Redakteurin Lina Tauscher verraten.


Durch ihre langjährige Erfahrung können die Interviewpartner*innen eine Veränderung innerhalb der Branche parallel zum gesellschaftlichen Wandel hin zu einer nachhaltigen Lebensweise feststellen. Auch wenn das Thema bereits 1980 in der Studienzeit von Gabriele Gropp-Stauth und Rüdiger Stauth diskutiert wurde, wurden die damals entwickelten Ideen und Konzepte aufgrund der vermeintlich mangelnden Notwendigkeit und der hohen Kosten selten umgesetzt, was sich jedoch verändert hat. „Durch den politischen Druck ist der gesellschaftliche Geist für nachhaltiges Bauen auf  breiterer Ebene angekommen. Die Basis und das Fachwissen haben wir bereits und können es nun auch umsetzen“, begeistert sich Gabriele Gropp-Stauth.

Doch was bedeutet nachhaltiges Bauen überhaupt?

Vorausschauendes Planen auf mehreren Ebenen gilt als Basis, um die zahlreichen Anforderungen zu erfüllen, was die Architekten an einigen ihrer Projekte veranschaulichen können: Bereits die In den großzügigen Räumlichkeiten des Büros in der ersten Etage des modernen Gebäudes an der Frankfurter Straße 4 spiegeln den Gedanken der Nachhaltigkeit.

Das einst als Fahrradproduktionsstätte genutzte Gebäude wurde im Skelettbau konzipiert, bei dem die Standfestigkeit durch einzelne Stützen anstelle von tragenden Wänden sichergestellt wird. Dieses flexible Konzept gewährleistet eine offene Bürolandschaft zu realisieren, der die kreative Arbeitsweise des Büros am besten ermöglichte und zugleich den Lebenszyklus des Gebäudes verlängerte – Umbau statt Abriss ist das Motto.

Hier entstehen unter anderem Konzepte für fortschrittliche, regionale Projekte wie das „Business Center II und III“ im BraWoPark am Hauptbahnhof.  Im Auftrage der Volksbank BraWo wurde die wertvolle innerstädtische Fläche des ehemaligen Postareals einer attraktiven Nachnutzung zugeführt und eine Brachfläche revitalisiert. Die Sanierung der denkmalgeschützten Alten Post am Friedrich-Wilhelm-Platz stammt ebenso aus der Feder von STAUTH I Architekten. Hier wurde ein Leerstand in attraktive moderne Büroflächen verwandelt, die dem Erhalt einer lebendigen Innenstadt dienen - Nachhaltigkeit verstanden als Identitätswahrung des Stadtbildes.

Zukunftsorientiertes Wohnen  – moderne Büroarbeitsplätze

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen gibt diverse Kriterien vor, die zur Bewertung der Nachhaltigkeit eines Gebäudes dienen. Dabei spielen neben Lebenszyklus und Standort des Gebäudes die ökologische, ökonomische, soziokulturelle und funktionale Qualität sowie Aspekte des Innenraums wie Lüftung, Belichtung, Akustik und Sonnenschutz eine Rolle.

Als Pilotprojekt der Stadt Wolfsburg fungiert das Wohnquartier „Hellwinkel Terrassen“. STAUTH Architekten haben nach einer Reihe von Wettbewerbsgewinnen, die für jedes Baufeld getrennt ausgeschrieben wurden, seit 2016 mehrere Baufelder mit unterschiedlichen Wohnformen realisiert.

Die gesamte Konzeption ist darauf ausgelegt, möglichst umweltschonendes, zukunftsorientiertes Wohnen zu gewährleisten. „Vom hohen Energieeffizienz-Standard, den für die Wände eingesetzten Baumaterialien aus Protonstein, der ökologischer ist als beispielsweise ein Wärmedämmverbundsystem, über begrünte Fassaden und Dächer, Photovoltaik-Anlagen sowie  Regenwasserrückhaltung bis zu wohnmedizinisch empfohlenen Baustoffen werden die Ansprüche der jeweiligen Auftraggeber und die Vorgaben der Gestaltungshandbücher der Stadt für dieses Quartier berücksichtigt“, schildert Dr. Rüdiger Stauth.
 
Auch die Auswahlverfahren bezüglich Städtebau mit dezidierten Vorgaben in der Aufstellung des Bebauungsplanes und die Umsetzung in der Architektur unter Begleitung eines Expertenteams aus verschiedenen Fachrichtungen ist Teil der Nachhaltigen Planung.

Darüber hinaus wird bei einem Projekt die soziokulturelle Komponente durch gemeinschaftsorientiertes Wohnen mit Urban Gardening Flächen, die gemeinsam zum Anpflanzen von Beeten genutzt werden können sowie einer Räumlichkeit für nachbarschaftliches Feiern erfüllt.

Das gesellschaftliche Bewusstsein bezüglich  Fragen künftiger Mobilitätskonzepte zeigt sich in einer Priorisierung des Fuß- und Radverkehrs durch großzügige autofreie Promenaden,  diverse Stellplätze für Fahrräder, Lastenrädern und Wallboxen für die Elektro-Autos sowie die Anbindung durch den ÖPNV, die von Anfang an eingeplant werden.

Nicht nur die Wohn-, sondern auch die Bürolandschaften werden heutzutage anders geplant: einladende Arbeitsplätze in Form von Gruppenräumen bis hin zu open space Flächen, Stillarbeitsplätze in gesonderten Räumen , Dachterrassen mit Freizeitangeboten, Wintergärten zum Wohlfühlen sowie Fitnessräume und Kinderbetreuungsplätze fließen in die Planung ein,  um die Bindung der Mitarbeiter*innen in Zeiten des Arbeitskräftemangels an die Unternehmen zu stärken. So ist auch ein verändertes Arbeitsumfeld in den Büros ein Aspekt nachhaltiger Planung.

STADTGLANZ stellt den Architekten hier die Frage, wo sie persönlich einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten?

„Um während des Planungsprozesses Ressourcen zu sparen, arbeiten wir heute  nahezu papierlos und digital und nicht zuletzt durch Corona konnte durch die fast ausschließlich stattfindenden Online-Meetings ca. 80 % der PKW- und Bahnfahrten eingespart werden“, erklärt Marleen Stauth. Auch privat setzen die Stauths auf innovative Konzepte wie Elektroautos und Jobfahrräder, Photovoltaik auf dem Dach, eine Luftwärmepumpe statt einer Gasheizung sowie eine effiziente Regenwassernutzung.

Der Spagat der Architekt*innen

Nachhaltiges Bauen stellt die Architekt*innen jedoch auch vor Herausforderungen, denn alle Kriterien zu erfüllen, gestaltet sich in der Theorie einfacher als in der Praxis.  Außerdem steht die Erfüllung einiger nachhaltiger Kriterien wiederum anderen im Weg. Dem Ziel, bezahlbaren Wohnraum in der von der  Bundesregierung vorgegebenen Größenordnung von  400.000 neuen Wohnungen im Jahr zu schaffen, stehen neben immer höheren Anforderungen an Energieeffizienz, Forderungen zur Barrierefreiheit und Zielen der Nachhaltigkeit der Wunsch nach kostengünstigem und damit bezahlbarem Wohnraum angesichts zur Zeit immens steigender Baupreise und die Zinsentwicklung gegenüber.
 
„Nachhaltige Architektur ist für uns ein Spagat zwischen dem Wunsch, den Auftraggeber*Innen und Nutzer*Innen sowie gleichzeitig den gegebenen Bedingungen gerecht zu werden“, beschreibt Marleen Stauth die Situation. Dennoch sieht das Architektentrio in der Entwicklung eine Chance, die Zukunft positiv zu gestalten und ihre Visionen umzusetzen.

 

 

 

Lina Tauscher

Die 25-Jährige ist ausgebildete Kauffrau für Marketingkommunikation, fühlt sich aber im redaktionellen Bereich am wohlsten. Momentan studiert sie Journalismus und Public Relations und ist in der MediaWorld als Redakteurin sowie im Content-Management tätig. Sie begeistert sich für gute Geschichten, die von inspirierenden Menschen und Meinungen zum Leben erweckt werden.

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