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Kultur

1. September 2016

Jazzkantine

„It's like a jungle sometimes, it makes me wonder how I keep from goin under“

Rapzeilen, die eine Musikrichtung, eine ganze Jugendkultur ins Rollen brachten, die – schon mehrfach totgesagt – bis heute ein nicht wegzudenkender Bestandteil der Musikwelt ist. Die Jazzkantine auf Zeitreise zu den Anfängen des Hip-Hops in die 80s, die Spezialisten für Konzept-Alben haben wieder zugeschlagen.

Grandmaster Flash And The Furious Five, Eric B. & Rakim, EPMD, Public Enemy, NWA, Tone-Loc, Afrika Bambaataa, Jungle Brothers. Interpretationen von Rap-Klassikern, teils nah an den Originalen, dann wieder mit neuen deutschen Texten besetzt, ein Spiel mit Beats und Scratches – eine Collage aus Sounds und Samples – eine Jam Session im brodelnden Sud von Jazz, Funk und Rap. Alles im Sound der Jazzkantine. Groovy, funky, erdig.

Na klar, hier will niemand die Bronx mit deutschen Hoods vergleichen. Aber Parallelen gibt es dann doch. So fand der türkische Jazzkantinen-Rapper Tachi, aufgewachsen im „sozialen Brennpunkt“ Ratingen-West, im Rap und Breakdance durchaus eine Chance aus dem Sumpf Gewalt, Drogen und Perspektiv­losigkeit auszubrechen.

Er ist einer der Pioniere im deutschen Hip-Hop, sein „Ahmed Gündüz“ mit der „Fresh Familee“ (1991) gilt als erster regulär in den Handel gelangter Tonträger. Diese Kunstfigur, anfangs noch Gastarbeiter, später Türsteher oder Gangster-Rapper, hat in den letzten 25 Jahren, verschiedene Metamorphosen durchlebt, auf dem neuen Album taucht er mal wieder als „Puff Baba“ auf. In einer herrlichen Version phonetisch entlang des Sugarhill-Gang Klassikers „Rapper´s Delight“.

Bandleader Christian Eitner: „Es war ein großer Spaß, in den alten Plattenkisten rumzustöbern – bei 1990 haben wir einen Cut gemacht. Herausgekommen ist ein Mix aus unseren favourites, aber auch aus Songs, die harmonisch/rhythmisch reizvoll erschienen, um sie in ein neues Gewand zu stecken.“

Eitner selbst hat Anfang der 80er US-Hip-Hop in sich aufgesaugt, beschäftigte sich schon früh mit Sampling und dem Programmieren eigener Beats. Später traf er dann in Braunschweig auf Matthias Lanzer, der mit Rap Nation Records („That´s Real Underground“) die deutsche Hip-Hop Szene maßgeblich beeinflusste und 1990 ein gleichnamiges Fanzine herausbrachte. 1994 entstand dann die Jazzkantine, die noch heute auf diesem Label veröffentlicht, natürlich auch auf Vinyl.

Auch Gründungsmitglied DJ Air-Knee ging auf Suche nach den Scheiben von denen man damals geklaut hat – oder besser „inspiriert“ wurde. So gelten zum Beispiel die Last Poets, Gil Scott Heron und natürlich „Godfather Of Soul“ James Brown als Vorreiter des Sprechgesangs in den Siebzigern.

Daran erinnert nun auf der neuen Platte Cappus Hommage „You Got Soul“, der Frontmann der Jazzkantine erinnert an Mikrofonhelden wie James Brown und Aretha Franklin.

Ebenso der Curtis-Mayfield Klassiker „Pusherman“, gesungen von der Hamburgerin Nora Becker, die in den letzten Jahren zum festen Bestandteil der Band geworden ist. Ice-T hatte mit einem Cover 1988 einen Riesenhit.

So schwingt in allen 13 Titeln von „Old's'cool“ der Spirit des Hip-Hops, eine Aufarbeitung des Jahrzehnts, das die Musikszene revolutionierte – in den 90ern war es dann die Jazzkantine selbst, die sich gründete, um deutschen Rap mit Jazz und Soul zu mixen. Das macht sie bis heute. Und wenn man den 10 Musikern eines nicht vorwerfen kann, dann eines – dass sie auf der Stelle treten.

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