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Lifestyle

26. Januar 2022

Der Heimat ein zu Hause geben

Möbelhaus Sander- Ein Zuhause, das Heimat und Lebenswelt bedeutet.

(Foto: Andreas Rudolph)

Das Möbelhaus Sander ist sicher nahezu jedem Braunschweiger ein Begriff und ist durchaus als ein Stück Stadtgeschichte zu betrachten. Dass es jeder kennt, liegt sicher auch an der schmucken, denkmalgeschützten Fassade und der Lage im Herzen der Stadt an der Gördelingerstraße und direkt am Handelsweg. Nah am Kultviertel, dennoch zentral – in direkter Nachbarschaft zur Komödie am Altstadtmarkt.

Die Boutique im Eingangsbereich lädt sofort zum stöbern ein.
Durch Instagram fühlt sich neben der Stammkundschaft vor allem
das jüngere Publikum verstärkt angesprochen.

Als ich die Boutique betrete, bin ich wie manch anderer überrascht, wie weit man noch in das Innere des Hauses vordringen kann.

„Viele wissen ja gar nicht, dass wir hier über sechs Etagen gehen, und 2500 Quadratmeter zur Verfügung haben“,

berichtet Kerstin Sander.

Kerstin und Ralf Sander führen das Möbelhaus, das bereits seit 1857 besteht und seitdem familien- bzw. inhabergeführt ist. 1938 erwarb Ralf Sanders Großvater das Gebäude am jetzigen Standort. Ein Gebäude, das sich insbesondere in den letzten Jahren „drastisch“ verändert hat, wie Ralf Sander es beschreibt.

„Früher, also in den 1990er - Jahren, hatten wir sehr viele englische Möbel und es gab viele kleine, verschachtelte Räume mit großen, dunklen Möbeln darin.“

Davon ist heute wenig übrig geblieben – bis etwa auf den alten, massiven Empfangstresen, der nun als Bar genutzt wird. Ansonsten wurden die kleinen verschachtelten Zimmer zu hellen, großen Räumen umgestaltet, die viel Platz für „Lebenswelten“ und Designerstücke bieten.

Die Wandlung „Möbelhaus Sander“ zu „Sander-Einrichtungen“, was sich erstmal nur wie ein neuer Name liest, hat durchaus einen konzeptionellen Hintergrund, was mir klar wird, während ich die Wohnwelten, also Einrichtungsvorschläge bzw. gestaltete Zimmer, betrachte. Durch die Überbleibsel der Verschachtelungen, des engen, alten Treppenhauses und der denkmalgeschützten Fenster der Fassade entstehen neue Blickwinkel und eine Authentizität, vielleicht gerade, weil es nicht so geradlinig langweilig, nicht so perfekt ist. Das macht die Einrichtungsgestaltung viel greifbarer und nahbarer.

Authentizität ist überhaupt ein Stichwort, das mich während des Besuchs und des Gesprächs begleitet. Die Begeisterung für die neuen Ausstellungsräume, zum Beispiel auf dem ehemaligen Dachboden, wo altes Mauerwerk und Balken freigelegt wurden, ist bei den Sanders ebenso groß wie die Leidenschaft für Möbelstücke und Einrichtungen. Hier, auf dem ehemaligen Dachboden des alten Gebäudes, sowie eine Etage darunter, zeigen mir Ralf und Kerstin Sander ihre Lieblingsstücke:
Einen Tisch mit Sitzgelegenheiten des Herstellers Team7. Die österreichische Firma Team7 ist etwas ganz Besonderes. Das Material ihrer Massivholzmöbel stammt aus eigenen, selbst bewirtschafteten Wäldern.

„Dieser Raum wurde dieses Jahr neu gestaltet und wir sind sehr glücklich, dass wir das in der Präsentation so hinbekommen haben“,

betont Kerstin stolz.

Ja, und dann ist da noch der Bullfrog Sessel Marlene, der in jeder Position einfach gemütlich ist, das Lieblingsstück von Ralf Sander.

„Wir sind keine studierten und ausgebildeten Architekten oder sowas. Wir arbeiten hier mit viel Leidenschaft und aus dem Gefühl heraus. Intuition und Inspiration sind uns wichtig. Man liebt, was man tut.“

erläutert ralf Sander.

„Wir verkaufen ja auch nicht nur Möbel, sondern komplette Lösungen für Räume. Der Kunde kann sich auch probehalber Gegenstände mit nach Hause nehmen und natürlich haken wir im Beratungsgespräch auch nach. Wenn der Kunde sich ein neues Sofa in die Wohnung stellen möchte, fragen wir zum Beispiel: Was gibt es für einen Untergrund?
Einen Teppich? Gibt es schon einen Couchtisch? Wie sind die
Verhältnisse im ganzen Raum? - Und in der Regel bleibt
es dann auch nicht nur bei einem Sofa“,

erzählt Ralf Sander.

Das kann ich sogar selbst so bestätigen: Meine Eltern suchten in den großen Möbelhäusern auf der „grünen Wiese“ lange Zeit nach einem hochwertig gefertigten Sofa für ihr Wohnzimmer und blieben bei ihrer Suche erfolglos. Erst bei Sander, dem Möbelgeschäft und Einrichter in der City, fanden sie zeitlose Sofas, in speziellen Werkstätten nach klassischen Vorbildern, nach Maß hergestellt und mit dem Wunschstoff bezogen – nicht ohne eingehende Diskussion und Beratung durch den damaligen Junior-Chef Ralf Sander. „Wohnraum ist Lebensraum“, wiederholt meine Mutter gerne. „Die Individualität unserer Sofas sucht ihresgleichen und wird sie nicht finden.“ Ich denke, das kann ich jetzt unterschreiben.
Tatsächlich wird der Großteil der Produkte, die das Einrichtungshaus vertreibt, in Deutschland oder zumindest in Europa gefertigt. Sicher, das macht es etwas teurer, aber Nachhaltigkeit ist ein Thema, worauf glücklicherweise immer mehr Kunden neben Qualität Wert legen.

Längst ist mir deutlich geworden, dass die Sanders nicht nur Möbel verkaufen, sondern ein ganzheitliches Konzept verfolgen. Wohnraum ist eben Lebensraum. Deshalb muss es nicht verwundern, dass auch Kunden-Events stattfinden, Abende mit Essen der Vielharmonie, Weinabende oder andere Veranstaltungen, bei denen auch die Mitarbeiter als Servicepersonal zugegen sein können. Und bei solchen Events werden auch schon mal die seltenen Rabatte ausgesprochen.

Es liegt irgendwie auf der Hand, dass die Sanders der Region zwischen Harz und Heide sehr verbunden sind: Ralf ist hier aufgewachsen und trat in die Fußstapfen seiner Familie. Seine Frau Kerstin kommt ebenfalls aus einer Möbler-Familie, entschied sich der Liebe wegen aber für Braunschweig, anstatt den elterlichen Betrieb zu übernehmen.
An sich sei die Region dynamisch und habe viel zu bieten, versichert Ralf Sander, dennoch verkaufe sich die Innenstadt aktuell unter Wert.

Braunschweig ist und bleibt Heimat der Sanders. Kein Wunder, denn die ist eng mit dem Laden verknüpft. Weil Lebenszeit und Leidenschaft darin stecken, von Ralf und Kerstin Sander, aber auch von den Eltern und den Großeltern. Die Stadt und der Laden sind das Zuhause dieser Sander-Generation und sie fühlen sich in der Tradition stehend, auch anderen dabei zu helfen, sich ein gemütliches und individuelles Zuhause zu schaffen. Ein Zuhause, das Heimat und Lebenswelt bedeutet.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 20 / September 2021.

Maximilian Burkhardt

Wie ein Discofuchs ist Maximilian Burkhardt auf Streifzug durch das Nachtleben. Mit seiner Reihe „Gute Nacht“ im Eulenglück, als Booker beim bureau de la nuit, als Betriebsleiter des Brain Klubs und als DJ, wenn er durch die Weltgeschichte tingelt. Für Stadtglanz schreibt er über die Musik-, Party- sowie Kultur-Szene der Region und seine persönliche Sicht auf die Dinge.

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