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Lifestyle

16. Mai 2025

Was läuft eigentlich gut?

Katastrophen ereignen sich schlagartig, sind aber zeitlich oder lokal begrenzt. Fortschritt ist langsam, findet aber auf breiter Front statt. Unser Gehirn ist darauf optimiert, schnelle Veränderungen wahrzunehmen. Alarmismus verkauft sich daher blendend. Aber was läuft eigentlich unbemerkt gut?

( Fotografie: Adobe Stock / Oleksandr )

Hilfe für Tremor-Patienten

Tremor, also das Zittern beispielsweise der Hände, kann viele Gründe haben. Typische Ursachen sind Parkinson, Alzheimer Multiple Sklerose oder ein Schlaganfall. Für die Betroffenen bedeutet das oft, dass sie beim Essen häufig kleckern oder gar gefüttert werden müssen. Das ist nicht nur unpraktisch, sondern gibt auch das Gefühl, beim Essen wieder auf dem Stand eines Babys zu sein.

Es gibt nun ein Besteck (www.liftware.com), in dem moderne Sensoren und schnelle, billige Motoren dafür sorgen, dass das Zittern der Hand ausgeglichen wird. Mit einem solchen Besteck können die Betroffenen oft sogar Suppe wieder ohne zu kleckern alleine essen. Ein enormer Gewinn an Lebensqualität. Guten Appetit!

Agrarflächen weltweit stagnieren

Die Weltbevölkerung steigt, die Menschen werden im Durchschnitt immer wohlhabender und können und wollen sich immer hochwertiger ernähren. Das hat jahrhundertelang dazu geführt, dass immer mehr Flächen für die Produktion von Nahrungsmitteln benötigt wurden. Die Folge waren Entwaldung und Verlust anderer Biotope.

Durch verbesserte Anbaumethoden gelingt es nun, auf der gleichen Fläche jedes Jahr so viel mehr zu produzieren, dass die weltweit für die Nahrungsmittelproduktion genutzte Fläche stagniert (https://ourworldindata.org/peak-agriculture-landland). Damit das so bleibt, muss die Produktivität weiter steigen, beispielsweise in Afrika. Auch dort steigt die Produktivität… und es ist noch viel Luft nach oben.   

Theorie für Hochtemperatur-Supraleiter

Viele High-Tech-Anwendungen benötigen große Magnetfelder. Je größer das Magnetfeld, desto kleiner und wirtschaftlicher können Kernfusionsreaktoren gebaut werden, desto schneller und genauer Kernspintomographen (MRT-Geräte) und desto kompakter und effizienter Elektromotoren und Generatoren.

Große Magnetfelder erfordern große elektrische Ströme und Strom ist teuer …. es sei denn, man verwendet Supra-
leiter. Diese müssen aber bislang aufwändig gekühlt werden. Daher suchen Forscher seit Jahrzehnten nach Hochtemperatur-Supraleitern, also Substanzen, die bei möglichst hoher Temperatur, der sogenannten Sprungtemperatur, supraleitend werden. Die höchste Sprungtemperatur (bei Normaldruck) liegt aktuell bei -135°C. Das ist nicht wirklich warm.

Für eine effektive Suche nach Stoffen mit höheren Sprungtemperaturen fehlte bislang eine belastbare Theorie. Die Bardeen-Cooper-Schrieffer-Theorie erklärt Supraleitung bei Temperaturen um -270°C mit der Bildung von sogenannten Cooper-Paar aus zwei Elektronen, die über quantisierte Dichtewellen (sogenannte Phononen; die können sich auch Physiker nicht vorstellen, aber gut damit rechnen) gekoppelt sind.  

Vermutet wurde, dass bei „hohen“ Temperaturen Cooper-Paare durch magnetische Wechselwirkung entstehen. Ein pfiffiges Experiment mit einem Mikroskop, das die Dichte an Cooper-Paaren auf winzigen Abständen misst, hat diese Hypothese nun untermauert (https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2207449119). Das erlaubt es, gezielter nach chemischen Verbindungen zu suchen, die eine besonders starke magnetische Bindung der Cooper-Paare erlauben und damit eine hohe Sprungtemperatur haben.

Industrielle Herstellung von Spinnenseide

Fäden von Spinnennetze sind elastisch, zäh, reißfester als Stahl und biologisch abbaubar und damit ein Traummaterial für Kleiderdesigner und Techniker. Nur in größeren Mengen herstellen ließ sich Spinnenseide lange Zeit nicht. Seit 2021 produziert ein japanisches Unternehmen eine Faser, die Spinnenseide sehr ähnlich ist, aus Zuckerrohr-Abfällen (spiber.inc). Dieses Jahr wurde erstmals ein Auto mit Stoff aus diesen Fasern vorgestellt und ein bekannter Hersteller von Outdoor-Kleidung bringt dieses Jahr Jacken aus diesem Material auf den Markt.

Forschern aus China ist es nun sogar gelungen, Seidenraupen die Gene einzupflanzen, die zur Produktion von Spinnenseide notwendig sind. Statt Seide produzieren diese Seidenraupen nun Spinnenseide (https://www.cell.com/matter/fulltext/S2590-2385(23)00421-6). Da die Haltung von Seidenraupen seit Jahrhunderten bekannt und ausgereift ist, dürfte der Preis für Spinnenseide weiter drastisch fallen, sodass sich dieses faszinierende Material in Zukunft immer mehr Anwendungen erobern dürfte.  

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 29 / Winter 2023.

Dr. Jan Plöger

Dr. Jan Plöger wurde in Franken geboren, hat in Hannover studiert und in München gearbeitet, bevor er sich vor 12 Jahren für Braunschweig entschied.

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