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Lifestyle

15. Mai 2025

Gedanken Spaziergänge

Freundlichkeit

Von Petra Martin

(Fotografie: Petra Martin, Marc Stantien)

War der Urlaub nicht schön, Emmi? Wenn wir mal die lange Autofahrt und den Hagel streichen, war es wirklich erholsam – genauso, wie ein Urlaub sein sollte. Ich bin jetzt wieder im Büro und erfreue mich an den entspannteren Menschen in meinem Umfeld. Alle braungebrannt, alle gelassener und gut gelaunt… Wie schön wäre es, wenn wir diese entspannte Atmosphäre möglichst lange in den Herbst retten könnten.

Ich habe sehr viel gelesen im Urlaub und viele Anregungen zum Nachdenken bekommen. Ein Thema, was mir sehr gefallen und mich bewegt hat, ist die Freundlichkeit. Freundlichkeit macht jeden Ort zu einem guten Ort. Ob zuhause, am Arbeitsplatz, im Restaurant und auch in der Pflege. Dort, wo es freundlich ist, gehen wir gerne hin, bzw. kommen wieder.

Nun ist Freundlichkeit nicht das, was vielen wahrscheinlich als erstes in den Sinn kommt, wenn wir unsere Welt betrachten – eher das Gegenteil. Krisen überall, Krieg, Aggression, Konflikte. Freundlichkeit kann zwar keines der großen Menschheitsprobleme lösen, aber sie kann helfen, dass wir anders miteinander umgehen und in unserem Umfeld vielleicht andere Lösungsversuche kommen. Freundlichkeit, so habe ich es gelesen, könnte eine der wichtigsten Fähigkeiten von uns Menschen sein – vor allem in unsicheren Zeiten. Deswegen, weil sie uns hilft, respektvoll und menschenwürdig miteinander umzugehen.

Über Ruth Bader Ginsbeg, sie war beisitzende Richterin am Supreme Court der Vereinigten Staaten, habe ich gelesen, dass sie sehr freundlich war. Von ihr stammen die Worte: „Manchmal sagen Leute gedankenlose oder unfreundliche Dinge. Dann ist es das Beste, ein wenig schwerhörig zu werden. Und nicht mit Zorn oder Ungeduld zurückzuraunzen.“ Dennoch war sie kämpferisch, beharrlich und widersprach: „I dissent!“ – diese Worte machten sie berühmt.

Genauso habe ich es neulich in einer hitzigen Diskussion erlebt. Eine junge Frau sagte freundlich und doch bestimmt: „Da haben wir ganz einfach eine unterschiedliche Meinung!“ Emmi, ich war beeindruckt von der großen Wirkung dieser schlichten Aussage.

Mich treibt ja sehr um, wie wir das Leben, das Zusammenleben lebenswerter, manchmal sogar liebenswerter machen können, in allen Bereichen. Freundlichkeit könnte da ein wichtiges Thema sein. Freundlichkeit fragt: Wie geht es dir? Was brauchst du? Womit kann ich dir helfen? Was würde dich freuen?

Mich hat es sehr inspiriert, mein Verhalten daraufhin noch stärker zu beobachten und auszurichten. Wobei ich es für wichtig erachte, dass es keine Schönfärberei, Schmeichelei oder Wattebauschwerfen werden darf. Was gesagt werden muss, muss raus. Aber jedes Gespräch kann im Geiste der Freundlichkeit geführt werden. Von Stimme zu Stimme – von Ohr zu Ohr. Astrid Lindgren beschrieb es so: „Wenn du stark bist, musst du auch freundlich sein.“ Ganz wie Pipi Langstrumpf.

Was meinst du dazu, Emmi?

Wuff!

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 28 / Herbst 2023.

 

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