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Lifestyle

16. März 2017

Bewegte Frauen

Ein Auto muss nicht immer sexy sein

Von Christine Grän

(Fotografie: fotolia/Anna Ismagilova)

„Porsche“ war laut familiärer Überlieferung nicht das erste Wort des Kindes. Es formulierte mit strahlendem Lächeln ganz deutlich das Verb „Haben“.

Achtunddreißig Jahre später habe ich meinen ersten Porsche gekauft. Schwarz mit dunkelroten Ledersitzen, ein Carrera 4 aus zweiter Hand. Das Glücksgefühl war vergleichbar mit jenem der ersten Liebe, der ersten Hochzeit, der ersten Scheidung. Niemals habe ich in Erwägung gezogen, die Automarke zu wechseln. Dieses Vehikel ist teuer,  auf Langstrecken unbequem und für Großfamilien unpraktisch. Aber es macht solchen Spaß, einen Porsche zu fahren!

Ein Auto muss nicht immer sexy sein, das ist wahr. Doch die Industrie brauchte lange, um die Frau hinterm Steuer zu entdecken. So versuchte die US-Firma Dodge in den 50er Jahren mit „La Femme“ das erste Frauenauto zu kreieren  - weiß oder rosa lackiert, innen pink und mit einem Schmink-Set versehen. „La Femme“ floppte. Weil Barbie halt doch nicht am Steuer sitzt und Frauen (mit Ausnahme von Porschefahrerinnen) ihre Autos nach vor allem praktischen Erwägungen auswählen. In Bezug auf Autos - und nur da - sind sie weitaus weniger emotional als Männer!

Volvo wagte 2004 den zweiten Versuch: Ein Team von Designerinnen und Ingenieurinnen entwickelt ein Frauenauto mit dem Namen YCC (Your Concept Car), ein Viersitzer mit Flügeltüren, der in Genf als Studie vorgestellt wurde, jedoch nie in Produktion ging. Marketing-Strategen hatten Zweifel, daß Fahrerinnen sich auf ein Frauenauto stürzen. Fazit: Autos bleiben geschlechtsneutral, und wozu sollte die Industrie noch „Frauenautos“ entwickeln, wenn in nicht allzu ferner Zukunft sowieso niemand mehr hinterm Steuer sitzt?

Bleibt die Tatsache, dass Frauen Autos nach anderen Kriterien auswählen als Männer. In der feinen Balance aus Ästhetik und Pragmatik wählen sie jenes Gefährt, das am besten zu ihnen und ihren finanziellen Möglichkeiten passt. Kosten, Stil, Sicherheit, Verbrauch, Stauraum, intelligente Ordnungssysteme - das sind die Kriterien der Frau von heute. Sie hat nichts gegen Pferdestärken, nur stehen die nicht an erster Stelle. Kompakte, unkomplizierte Wagen führen in der weibliche Hitliste - vom Mini über den VW-Beetle bis zum Smart und Fiat.

Immerhin fährt in Deutschland jede dritte Frau über achtzehn ihren eigenen PKW.

Und bei Familienkutschen haben Frauen auch ein gewichtiges Wort mitzureden. Autoverkäufer (meist männlich) aufgepaßt: Frauen lassen sich nichts aufschwatzen und wissen exakt, was sie wollen. Kein Statussymbol. Keinen röhrenden Auspuff. Keine Superfelgen oder Kampfmaschinen á la „Hummer“.

Nicht, dass Frauen SUV-Modelle gänzlich ablehnten, ganz im Gegenteil. Deren Wachstumsraten sind vor allem dem weiblichen Geschlecht geschuldet. Stärke und Sicherheit, Stauraum und Überblick sind Kriterien, die Frauen durchaus ansprechen, wenn der Geldbeutel es hergibt. Frauen würden es doch nie übers Herz bringen, das Chauffieren der Kinder den Männern zu überlassen. Ja doch, die piepsende Einparkhilfe ist durchaus ein frauenfreundliches Accessoire, ebenso wie der Navigationscomputer. Frauen, die nicht einparken können, und Frauen ohne Orientierungssinn soll es ja geben, weil jedes Klischee in der Pfütze der Wahrheit tümpelt. Die Computerstimme jedoch sollte unbedingt weiblich sein. Wer will sich schon von einem Mann sagen lassen, wo’s lang geht!

Christine Grän

wurde in Graz geboren und lebte in Berlin, Bonn, Botswana und Hongkong, bevor sie nach München zog. Die gelernte Journalistin wurde durch ihre Anna-Marx-Krimis bekannt, die auch verfilmt wurden. Sie veröffentlichte unter anderem die Romane „Die Hochstaplerin“, „Hurenkind“ und „Heldensterben“. Zuletzt erschienen „Amerikaner schießen nicht auf Golfer“, „Sternstraße 24“ und „Glück am Wörthersee“ im ars vivendi Verlag.

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