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Kultur

28. Februar 2024

Collage – als kreativer Transformationsprozess

Meine künstlerische Passion sind seit 40 Jahren meine Collagen. Dabei mache ich immer wieder neue Entdeckungen.

Von Jean Luc

( Foto : © Jean Luc, © 1999 Gian Paolo Barbieri )

 Eine möchte ich hier vorstellen:

Per se lebt die Collage von den ursprünglichen Bildern, die ich als Quelle für meine Werke auswähle, ausschneide und aufklebe. Dazu nutze ich nicht irgendwelche beliebigen Bilder und auch nicht alle Teile eines Bildes. Schauen wir uns diesen Prozess näher an.

Wenn die Art und Weise, wie mich ein Bild anspricht, nicht aus meiner Tiefe kommt, wenn ich davor zögere und zweifle, dann fehlt die grundlegende Voraussetzung für einen kreativen Transformationsprozess. Meine Intuition lässt keinen Platz zum Zweifeln. Dieses Selbstvertrauen entspringt meinem Unterbewusstsein. Es wächst mit meiner persönlichen Erfahrung als Künstler und Mensch. Es wird daher allmählich immer komplexer und reichhaltiger. Mit der Zeit bestimmt dieser Prozess meinen Stil als wiederkehrendes Merkmal meiner Collagen. So versteht man, dass ich nicht irgendein Bild auswähle, sondern nur solche, die mich ansprechen. Da ich gleichzeitig einen großen Respekt vor dem Fotografen oder der Fotografin als Autor*in des ursprünglichen Bildes habe, wähle ich nur die Teile des Bildes, die ich verfremden kann. Dabei löse ich sie heraus und ordne sie in einem neuen Kontext an. Die Möglichkeit dieser Transformation ist eine Voraussetzung im Auswahlprozess der Bilder.

Schaut man sich die beiden Bilder mit dem Fisch an, so ist zu erkennen, dass das Bild von Paolo Barbieri von der Symbiose zwischen dem Mann und dem toten Hai lebt, den er auf seinem Kopf trägt. Für meine Collage habe ich den Fisch vorsichtig auf Säulen gelegt und damit zu neuem Leben erweckt. Außerdem steht er im Dialog mit einer Inszenierung von Menschen und Halbgöttern. So ist die Transformation perfekt, die Stimmung meiner Collage ist eine ganz andere als diejenige des ursprünglichen Fischfotos.

Jede Transformation fängt mit einer Dekonstruktion an und mündet in den Aufbau eines neuen Bildes. Mit den ausgeschnittenen Einzelteilen erschaffe ich eine Welt, die nicht real existiert, aber vor den Augen der Betrachter*innen doch einen Raum eröffnet, den es zu entdecken gilt.

Meine Intuition steht nicht isoliert da. Ich agiere in einem Umfeld und einer Welt, die auf mich reagiert. Ich mache mir bewusst, dass ich in einem gewissen Kontext arbeite. Das erlaubt mir Distanz zu gewinnen und die Freiheit zu haben, kreativ und schöpferisch zu sein. Ich bringe auf das Papier, was so noch nie zu erleben war! Ob mein Umfeld das wahrnimmt und honoriert, steht auf einem anderen Blatt, ich bin nur ein Künstler unter vielen anderen. Bemerkung wie „jede*r kann eine Collage machen wie in der Schule“, freut mich besonders. „Dann tue es!“ antworte ich frei heraus. In jedem und jeder von uns liegt ein Künstler, eine Künstlerin.

Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Beschreibung eines kreativen Transformationsprozesses anhand von Collagen auch auf andere Aktivitäten übertragbar ist. Selbstwahrnehmung, also die Nutzung der eigenen Intuition in einem Klima der Freiheit, gehören für mich zu den Grundlagen aller kreativen Prozesse.

Wer mehr über mich und meine Collagen erfahren möchte, der nehme meinen im Oktober dieses Jahres bei der Buchhandlung Graff erschienenen Bildband FRAGMENTE zur Hand. Auf 84 Seiten wird ein Überblick über mein Schaffen der letzten zwanzig Jahre in Bild und Text geboten.

Der Titel „Fragmente“ weist auf die Technik der Collage aber auch auf Aspekte meines Lebens hin. Texte von verschiedenen Autor*innen ergänzen die Bilder und der Fotograf Klaus G. Kohn zeigt mich in großformatigen Bildern bei der Arbeit.

Das Buch erscheint in einer hochwertigen Standardausgabe, so wie einer nummerierten Sonderausgabe mit einer original signierten Collage (17x22). Das Buch kann bei der Buchhandlung Graff erworben werden oder ist unter www.graff.de portofrei zu bestellen.

Mehr Informationen dazu gibt es auch auf meiner Internet-Seite www.collagist.de

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 25 / Winter 2022.

 

 

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