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Y-JOBS

16. Mai 2019

Gemeinsam verschieden sein

Inklusion fördern

(Fotografie: fotolia/Plrang Art, istockphoto/humonia)

In einer inklusiven Gesellschaft ist Verschiedenheit normal. Menschen mit Behinderungen gehören genauso selbstverständlich dazu, wie Menschen ohne.

Einen sicheren Arbeitsplatz, den Lebensunterhalt selbst zu verdienen mit einer Arbeit, die den eigenen Fähigkeiten und Interessen entspricht wünscht sich wohl jeder. Aber nicht immer ist das so leicht.

Das Mittel auf dem Weg zum Schaffen einer barrierefrei denkenden und agierenden Gesellschaft heißt Inklusion. Die Soziologie beschreibt das Konzept der Inklusion eine Gesellschaft, in der jeder Mensch akzeptiert wird und gleichberechtigt und selbstbestimmt an dieser teilhaben kann – unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft, von Religionszugehörigkeit oder Bildung, von eventuellen Behinderungen oder sonstigen individuellen Merkmalen.

Unter Inklusion am Arbeitsplatz stellen sich viele Leute etwas wie Rollstuhlrampen und verbreiterte Türen vor, tatsächlich aber geht sie weit darüber hinaus und bietet die Chance das unternehmerisches Handeln und soziale Verantwortung Hand in Hand gehen können.

Die UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen spricht in Artikel 27 vom „Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen“. Sie enthält zugleich die Verpflichtung, einen „offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt“ zu schaffen. Die Wirklichkeit sieht derzeit jedoch noch anders aus.

Die Erwerbsquote der Menschen mit Behinderungen liegt in Deutschland nur bei etwa 50%. Es geht im Kern um die Möglichkeit, dort zu arbeiten, wo Menschen ohne Behinderung auch arbeiten.

Aber wie kommen Betriebe und Menschen zusammen?
Jutta Reim-Matthies ist Jobcoach beim Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW) und Mitarbeiterin bei BIA, ein Programm zur Beruflichen Integration von schwerbehinderten Menschen in Ausbildung oder Arbeit.

„Im Gunde genommen brauchen wir zur Schaffung eines inklusiven Arbeitsplatzes nur drei Dinge: Einen offenen Betrieb, einen freien Arbeitsplatz bzw. die gestalterische Fähigkeit zur Schaffung eines Arbeitsplatzes und einen motivierten künftigen Mitarbeiter.“

Die richtige Mitarbeiterin oder den richtigen Mitarbeiter zu finden ist die zentrale Aufgabe von BIA, sie berät, begleitet und findet kreative Wege bei potentiellen Problemen. 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zählt die BIA dieses Jahr für die Standorte Goslar, Salzgitter, Wolfenbüttel und Braunschweig.

„Der Kontakt zwischen Arbeitgeber, Teilnehmer und BIA kommt in der Regel durch eine Stellenausschreibung zu Stande“, erzählt Jutta Reim-Matthies. „Wir begeben uns zunächst in die Aufgaben-Recherche, durch das Handicap sind unter Umständen nicht alle Tätigkeiten möglich“.

Was dann folgt ist ein offenes Gespräch und in vielen Fällen zunächst ein Praktikum und welche Möglichkeiten einer Qualifizierung für den Teilnehmer bestehen. Dabei unterstützen etwa das Jobcenter, Arbeitgeber-Service oder das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Auch eine Beratung zu finanziellen Unterstützungen, wie Lohnförderung oder Sachmittel zu einer speziellen und optimalen Ausstattung des Arbeitsplatzes gehören genauso zum Angebot der BIA, wie eine persönliche Begleitung und Betreuung bei der Arbeitsaufnahme und darüber hinaus.

„Inklusion und Integration müssen Bestandteil der Personalplanung sein“, so Reim-Matthies.

Ein Beispiel für erfolgreiches inklusives Arbeiten ist die Wolfenbütteler Firma Roßberg. Ein Unternehmen für Garten- Landschafts und Umweltbau, die immer wieder durch innovative Konzepte und Erfindungen im Bereich der Umwelttechnik auf sich Aufmerksam macht. Neben dem Kerngeschäft in der Garten Um- bzw. Neugestaltung, aber auch der Pflege, Winterdienst oder Baumkontrolle ist Inhaber Matthias Roßberg auch Erfinder. Er entwickelte etwa ein Sichtschutzelementensystem für die Erzeugung von regenerativen Energien, Wärme- und Frischluftzufuhr sowie Solarstrom. Seit zwei Jahren können sogar ganze Wärmewände, die solare Energie in Wärme umwandelt, als Ortsbauweise angeboten werden.

„Die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern ist auch für uns nicht ganz einfach“ sagt Roßberg. „Ich bin froh, dass unser Gesellschafter Sebastian Glatter, dass Thema so voran getrieben hat“. Die Erfahrung, dass Mitarbeiter mit Behinderung besonders motiviert an die Arbeit gingen, habe auch er gemacht. „Insbesondere im handwerklichen Bereich, klappt das super.“

Ende 2015 lebten rund 7,6 Millionen schwerbehinderte Menschen in Deutschland, davon waren etwa 180.000 ohne Arbeit - damit ist die Arbeitslosenquote fast doppelt so hoch wie die von Menschen ohne Behinderung. Im Gegensatz dazu stehen die in hohem Maße überwiegend positiven Erfahrungen von Arbeitgebern. BIA bringt beides zusammen: Unternehmen mit Sachverstand, Mut und Herz mit qualifizierten, kompetenten und engagierten Menschen mit Behinderung.

Die Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen in die Arbeitswelt sollten Betriebe weniger als Aufgabe, sondern vielmehr als Chance sehen neue Wege zu gehen, bei denen sich auch neue Perspektiven auf das Betätigungsfeld erschließen können. Wenn wir uns auf das konzentrieren, was möglich ist und dafür die nötige Kreativität aufbringen, dürfte eine inklusive Gesellschaft keine Utopie sein.

Es muss nur angepackt werden.

Maximilian Burkhardt

Wie ein Discofuchs ist Maximilian Burkhardt auf Streifzug durch das Nachtleben. Mit seiner Reihe „Gute Nacht“ im Eulenglück, als Booker beim bureau de la nuit, als Betriebsleiter des Brain Klubs und als DJ, wenn er durch die Weltgeschichte tingelt. Für Stadtglanz schreibt er über die Musik-, Party- sowie Kultur-Szene der Region und seine persönliche Sicht auf die Dinge.

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