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Y-JOBS

1. April 2020

Die beste Version seiner selbst

Selbstoptimierung in sozialen Netzwerken

(Fotografie: Kreativrausch)

Die Schritte dank Fitnessarmband immer im Blick – wer will, kann heutzutage sein ganzes Leben tracken. Selbstverbesserung durchdringt alle Lebensbereiche. Social Media wirkt als Verstärker und setzt uns in Konkurrenz zueinander. Wir messen uns an Likes und oft unrealistischen Idealen. Höchste Zeit für einen Logout?

1 Milliarde Menschen nutzen das soziale Netzwerk Instagram weltweit. „Wir können beobachten, dass Instagram bei den unter 30-Jährigen als soziales Netzwerk nicht wegzudenken ist“, berichtet Laura Wittig, Geschäftsführerin der Social-Media-Agentur Kreativrausch GmbH. Mit Sitz in Braunschweig betreut die Agentur Social-Media-Kanäle namhafter regionaler und überregionaler Marken. „Für Marketing birgt das Netzwerk ein großes Potenzial, doch sind wir uns bewusst, dass das ständige Onlinesein ein Risiko für Nutzer darstellen kann.“ Social-Media-Sucht ist real und ihre Folgen nicht zu unterschätzen: Laut einer Studie der DAK haben Personen, die von sozialen Netzwerken abhängig sind, ein um den Faktor 4,6 % höheres Risiko, an Depressionen zu erkranken als Nicht-Süchtige.

Auf der Jagd nach Likes

In Zeiten hoher Selbstoptimierungs­ansprüche fungieren soziale Netzwerke als Katalysator. Die beste Version seiner selbst zu sein – dieses Credo führt uns nicht nur in einen Kampf mit dem inneren Schweine­hund, sondern befeuert einen Wettbewerb, dessen Austragungsort Social Media ist. „Besonders das Leben von Influencern erzeugt unrealistische Erwartungen an uns selbst. Jeder Nutzer postet in der Regel nur die Highlights seines Alltags“, erklärt Dorothee Reinhardt, die Kreativrausch 2014 zusammen mit Laura Wittig gründete. Es sei falsch, anzunehmen, dass der Alltag dieserPersonen nur aus Höhen besteht, nur wolle man auf einer Plattform wieInstagram natürlich nicht sehen, wie z. B. die Wohnung aufgeräumt wird.

Genauso gut lässt sich aber fragen: Wenn all das Streben nach Selbstoptimierung abnähme, blieben dann nicht auch Innovationen auf der Strecke? „Als Agentur können wir viel von Influencern lernen. Oft sind sie die ersten, die Trends und Tools in den sozialen Netzwerken aufgreifen und für sich verwenden.“, berichtet Wittig. „Ein Beispiel ist etwa die Fashion-Influencerin Carmen Kroll, die früh das Potenzial hinter den AR-Filtern auf Instagram erkannt und ihren eigenen Foto-Filter namens carmushka ins Rennen geschickt hat. Dieser wird nun von anderen Usern millionenfach benutzt“, ergänzt Reinhardt. Selbstoptimierung und das gegenseitige Pushen führen zu Innovationen.

Die Dosis macht das Gift

Wittig hat zwei Tipps, bei all dem Vergleichen und Optimieren den Kopf über Wasser zu halten: sich bewusst Offline-Zeit nehmen und das eigene Social-Media-­Verhalten reflektiert hinterfragen. Im Team etwa werde das offen kommuniziert. Digital Detox ist das Stichwort – die digitale Diät. In einer auf Selbstoptimierung getrimmten Welt ist diese Auszeit mehr wert denn je.

 

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 15 / April 2020.

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