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Y-JOBS

26. Januar 2023

Was läuft eigentlich gut?

Katastrophen ereignen sich schlagartig, sind aber zeitlich oder lokal begrenzt. Fortschritt ist langsam, findet aber auf breiter Front statt.

( Foto: AdobeStock / fona )

Unser Gehirn ist darauf optimiert, schnelle Veränderungen wahrzunehmen. Alarmismus verkauft sich daher blendend. Aber was läuft eigentlich unbemerkt gut?

 

Impfung gegen Lyme-Borreliose

 Lyme-Borreliose ist eine Krankheit, die durch Borrelien (relativ große, schrauben-förmige Bakterien) hervorgerufen wird. Diese Borrelien leben beispielsweise in Ratten und Mäusen und können durch Zecken auf den Menschen übertragen werden. Wird die Infektion nicht rechtzeitig erkannt, kann sich eine Borreliose ent-wickeln, die kaum zu behandeln ist und sehr unangenehme Symptome wie Nerven¬schmerzen, Gesichtslähmung, Hirnhautentzündung, Gelenkschmerzen und Herzmuskelentzündungen verursachen. Weil zwischen dem Zeckenbiss und den Symptomen viel Zeit vergehen kann, ist die Zahl der jährlichen Opfer nur schlecht bestimmbar, für Europa wird von 130 000 Betroffenen ausgegangen.

Durch milder werdende Winter vergrößert sich das Verbreitungsgebiet von Zecken immer weiter. Bislang war die einzig mögliche Behandlung die frühzeitige Gabe von Antibiotika. Zwar gab es einen Impfstoff, dieser wurde aber 2002 mangels Nachfrage vom Markt genommen, was auch daran gelegen haben kann, dass der im Schutz nur in 75% der Fälle eintrat. Pfizer und Valneva testen nun einen verbesserten Impfstoff, der dazu führt, dass die Borrelien bereits getötet werden und so nicht in den menschlichen Körper gelangen können. Bislang sind keine relevanten Nebenwirkungen bekannt geworden. (https://apnews.com/article/science-health-ticks-73fab8e29f3e2243c2db5bc33b3265e1)

 

Automatische Mülltrennung

 Das Hauptproblem bei der Wiederverwertung von Müll ist die Trennung der einzelnen Bestandteile. Je reiner die einzelnen Fraktionen des Mülls voneinander getrennt werden können, umso höher ist die Qualität der Produkte, die daraus hergestellt werden kann. Die Trennung von Müll ist ein komplexes Problem. Natürlich könnte man darauf hoffen, dass bereits die Müll-Produzenten den Müll so weit trennen, dass er leicht wiederverwertbar ist, diese sind dazu aber häufig nicht willens oder nicht in der Lage. Das Sortieren von Müll von Hand ist zwar möglich, aber eine anstrengende, wenig befriedigende und gefährliche Arbeit.

Fortschritte bei der künstlichen Intelligenz ermöglichen es nun, Hausmüll automatisch so zu trennen, dass sehr reine Müllfraktionen entstehen. Dazu wird der Hausmüll auf einem Transportband von Kameras und anderen Sensoren erfasst. Aus den so erfassten Daten klassifiziert eine künstliche Intelligenz das aufgenommene Objekt und ordnet es einer Fraktion zu. Ein Roboter greift dann das Objekt, beispielsweise eine Plastikflasche oder ein gebrauchtes Papiertaschentuch, und befördert es in einen entsprechenden Behälter. Es ist mit dieser Technik ausreichend, lediglich zwei Abfallbehälter in einem Haushalt vorzuhalten: einen für kompostierbaren Abfall, einen für den Rest. Diese Technik ist besonders für Länder interessant, die Müll bislang kaum trennen. Aber auch ich hätte nichts dagegen, nur noch zwei Mülleimer in der Küche stehen zu haben. (https://www.youtube.com/watch?v=rjv_wDOblfc)


300 Millionen Inder weniger in Armut

 1990 lebten in Indien 865 Millionen Menschen, davon 430 Millionen in absoluter Armut. Und diese absolute Armut ist „echte“ Armut, definiert als ein Einkommen von unter 2,15 $ pro Tag (kaufkraftbereinigt, Stand heute). (Im Armutsbericht der Bundesregierung wird hingegen die „relative Armut“ betrachtet. Nach diesem Maß würde sich der Anteil der „Armen“ in Deutschland nicht ändern, selbst wenn alle in Deutschland Lebenden auf wundersame Weise plötzlich das Hundertfache ihres jetzigen Einkommens hätten.) 2019 lebten in Indien 1.390 Millionen Menschen, davon 130 Millionen in absoluter Armut. Die Zahl der Armen ist also um 300 Millionen gesunken.

Man ist versucht zu sagen, dass die Zahl der Armen abnahm, obwohl die Bevölkerung wuchs, aber es gibt gute Hinweise darauf, dass die Armut abnimmt, weil die Bevölkerung wuchs. Drücken wir den 300 Millionen die Daumen, dass sie in Zukunft nicht nur nicht absolut arm sind, sondern auf der Wohlstandleiter weiter nach oben klettern können!

Günstiger Zugang zu Information

Zu meiner Schulzeit gab es vier Fernsehkanäle und wer etwas auf sich hielt, las die Tageszeitung. Wer etwas genauer wissen wollte, musste sich in eine Bibliothek begeben und dort dröge Fachbücher wälzen, zu deren Verständnis man so viel Zeit aufwenden musste, dass man es meistens lieber sein ließ. Zumindest ging es mir so. Hintergrundinformationen gab es nur zu dem, was den Verantwortlichen gerade als relevant erschien, es sei denn man hatte das Glück, einen Fachmann auf einem Vortrag zu hören. Wirklich inspirierend was das nicht.

Heute gibt es erstklassige Informationen kostenlos oder fast kostenlos als Podcasts oder Videos. Wer etwas über Neurobiologie wissen möchte, findet einen Stanford-Professor, der das erklärt (https://hubermanlab.com/). Wer Tipps sucht, wie er glücklicher werden kann, findet Rat einer Kapazität der Yale-Universität (https://www.stitcher.com/show/the-happiness-lab-with-dr-laurie-santos). Es gibt Lehrreiches aus Schiefgegangenem (https://timharford.com/articles/cautionarytales), Einsichten der Spieltheorie in aktuelle Probleme (https://www.youtube.com/c/ProfRieck), psychologische Deutungen von Bibeltexten (https://www.jordanbpeterson.com/bible-series/) und Unmengen weiterer Angebote von Hochkarätern, die ausführlich über das sprechen, wovon sie wirklich Ahnung haben. Es war noch nie so einfach, sich gut (und unterhaltsam) zu informieren!

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 25 / Winter 2022.

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