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25. März 2021

Im Gespräch mit Michael Wilkens (IHK)

„Man will natürlich nicht nur schlau daherreden, sondern selbst ein Vorbild sein.“

Michael Wilkens und Redakteurin Anna Charlotte Groos im Gespräch (Fotografie: Privat Marlene Brandt Adobe Stock/ Dmitry Koksharov)

Das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit beschäftigt nicht nur Privatpersonen und Politiker, auch immer mehr Unternehmen müssen sich mit Ihrer Verantwortung in Bezug auf die Klimakrise und unsere Umwelt auseinandersetzen. Wir haben uns mit Michael Wilkens, dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg, getroffen und über die Bedeutung dieses Themas für die IHKLW, aber auch für ihn ganz persönlich gesprochen.

Inwieweit spielt das Thema Green für die IHK eine Rolle?

Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz sind für unsere IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) sehr wichtig. Wir handeln im Gesamtinteresse der Wirtschaft, was konkret bedeutet, dass wir unsere Mitgliedsunternehmen dabei unterstützen, ökonomische, gesellschaftliche und ökologische Verantwortung als Erfolgsfaktor in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Eine große Aufgabe.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung dazu in der Glanzregion?

Die Region Braunschweig-Wolfsburg ist bei zahlreichen „grünen“ Themen ganz vorn dabei. Ob Elektromobilität, Wasserstofftechnik oder die durch Digitalisierung zu hebenden Chancen im Ressourcenschutz – unsere Region spielt in der ersten Liga mit. Beispielhaft sind hier die enormen Kraftanstrengungen zur Einführung von E-Fahrzeugen in Massenproduktion durch Volkswagen in Zusammenarbeit mit vielen regionalen Zulieferbetrieben. Dazu gehört auch, dass der gesamte Produktzyklus inklusive der Herstellung nachhaltiger gemacht werden muss. Mit dem Projekt SALCOS arbeitet hier die Salzgitter AG an einer Lösung für „grünen Stahl“. Für diese großen Aufgaben benötigt unsere Region politische und finanzielle Rückendeckung. Dafür setzen wir uns als IHKLW gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der IHK Braunschweig massiv ein.

Wo und wie könnte die Region, Ihrer Meinung nach, hier noch etwas optimieren?

Gerade in unserer Region mit der Volkswagen AG und der gesamten Zuliefererstruktur geht es angesichts des Transformationsprozesses und in Bezug auf die Elektrifizierung der Mobilität um sehr viel. Vor allem die steigenden Stromkosten, die Unwirtschaftlichkeit der Ladeinfrastruktur sowie unzureichende Mittelausstattung der relevanten Forschungs- und Entwicklungslandschaft stehen der E-Mobilität im Wege. Darum müssen wir auf politischer Ebene für unsere Anliegen trommeln. Das machen wir gemeinsam mit Partnern wie dem Amt für regionale Landesentwicklung, dem Regionalverband Braunschweig und über die Allianz für die Region in Brüssel, Berlin oder Hannover. Außerdem können wir unsere Stärken als attraktiver Lebens- und Wirtschaftsraum noch selbstbewusster vermarkten. Darum unterstützen wir als IHKLW das Regionalmarketing der Allianz für die Region. Nur wenn wir unsere Botschaft einer attraktiven Region nach außen tragen, finden wir zukünftig die Fachkräfte, die wir in allen Bereichen dringend benötigen.

Mal ganz abgesehen von Ihrer Rolle als stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK: Wer ist der Mensch Michael Wilkens? Was macht Sie aus und wofür stehen Sie?

Gerade in Zeiten von Corona-Einschränkungen ist mir sehr bewusst geworden, wie wichtig mir meine sozialen Kontakte im beruflichen wie privaten Umfeld sind. Ich lebe in meinem Job von Netzwerken, Hintergrundgesprächen sowie direkten Begegnungen mit Unternehmerinnen und Unternehmern. Aus diesen Begegnungen ziehe ich die Motivation für meine Arbeit und bewege zugleich die Themen, die mir und damit auch uns als IHK wichtig sind. Außerdem sind mir alle Ideen rund um die Digitalisierung unserer Wirtschaft und Gesellschaft ein großes Anliegen. Darum habe ich die Digitale Gesellschaft Wolfsburg (DIGES) mitgegründet und stehe auch sonst mit unseren Mitgliedern in einem engen Austausch zur Digitalisierung. Als IHKLW bieten wir fachliche Expertise durch Einzelberatungen an und vernetzen Experten untereinander. Das ist mir eine Herzensangelegenheit, denn ich bin fest davon überzeugt, dass Digitalisierung unser Leben besser machen kann. Wenn man Corona etwas Positives abgewinnen möchte: Für die Digitalisierung wirkt der Virus jetzt wie ein Katalysator.

Sind Nachhaltigkeit und Umweltschutz auch für Sie persönlich ein Thema?

Ich habe drei kleine Kinder und bei uns in der Familie sind diese Themen hoch im Kurs. Man will natürlich nicht nur schlau daherreden, sondern auch selbst ein Vorbild sein. Das ist aber nicht immer ganz leicht.

Inwieweit engagieren Sie sich hier oder was könnten Sie noch „besser“ machen?

Angefangen beim Einkauf regionaler, nachhaltig und fair produzierter Lebensmittel über den stark eingeschränkten Konsum von Fleisch bis hin zur Vermeidung von kurzen Strecken mit dem Auto ist es eine Mischung vieler kleiner Aspekte. Auf jeden Fall könnte ich selbst noch mehr Wege mit dem Rad zurücklegen.

Gibt es etwas, von dem Sie wissen, dass es nicht wirklich „green“ ist, auf das Sie aber nicht verzichten können?

Fernreisen. Mir ist sehr bewusst, dass Flugreisen ein echter Klimakiller sind. Darum wäre ich dankbar für grüne Alternativen. Allerdings erweitern (Flug)-Reisen meiner Meinung nach den Horizont. So entstehen Verständnis und Wissen für andere Kulturen. Nur durch persönliche Begegnungen lassen sich Vorurteile abbauen und neue Netzwerke aufbauen. Fernreisen sind deshalb für mich unverzichtbar, um gesellschaftliche und wirtschaftliche Kooperationen in der Welt zu erhalten.

Da Sie ja auch Familienvater sind… Was denken Sie, sollten wir heute unserem Nachwuchs mitgeben?

Ich halte es für sehr wichtig, dass meine Generation den Weg hin zur Klimaneutralität findet. Die Klimakrise bedroht alle nachfolgenden Generationen existenziell. Darum müssen wissenschaftliche Fakten dazu Teil der Erziehung und Bildung sein. Ich bin mir aber auch sicher, dass Digitalisierung ein Treiber für mehr Klimaschutz sein kann. Allein die Möglichkeit zur Reduzierung von Reisezeiten durch Online-Lösungen ist riesig. Für unsere Kinder wird das alles selbstverständlich und ich denke, dass zukünftige Generationen über die Ineffizienz und den ökologischen Fußabdruck unserer heutigen Arbeitswelt schmunzeln werden. Wenn wir die Weichen heute richtig stellen, werden sie es besser machen als wir.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Stadtglanz Print-Ausgabe 16 / Oktober 2020.

Anna Charlotte Groos

Anna Charlotte Groos studierte Literaturwissenschaft, Soziologie und Philosophie. Neben ihrer Begeisterung für das Reisen, Wandern und Schreiben interessiert sie sich vor allem für Menschen und ihre Geschichten zwischen den Zeilen.

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