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Y-JOBS

15. Juni 2022

Life is a pitch

Über die Agenturkultur abseits von Klischees

(Fotografie: Florian Trettenbach, eyecatchme.de)

In Agenturen arbeiten nur junge Hipster mit Hornbrille, die stets auf kreativer Ideenfindung sind, um sich gegenseitig zu übertrumpfen. Es herrscht immer ein bisschen zu viel Druck bei zu wenig Zeit bis zur nächsten Deadline, die mithilfe von Überstunden gerade noch eingehalten werden kann. Trotzdem finden sich zwischendurch oder after work ein paar Minuten, um den hauseigenen, mit Alkohol gefüllten Kühlschrank zu plündern.

In regionalen Unternehmen werden aber sowieso nur Erfahrungen gesammelt, um später in namenhaften Agenturen oder Konzernen in einer Großstadt durchzustarten, oder? – Ob sich diese Klischees bewahrheiten, wie der Arbeitsalltag in der Realität aussieht und warum die berühmte Work-Life-Balance ein abgestandenes Konzept ist, erzählen Senior-Projektmanagerin Isabel und Kreativdirektor Vincent bei einem Treffen in der explizit Werbeagentur.

Gegenüber vom Schloss Richmond an der Wolfenbütteler Straße liegt die 1994 gegründete Agentur für Kommunikations- und Inszenierungskonzepte, die von Inhaber Felix Kurkowski geführt wird. Etwas versteckt hinter einer Hecke entstehen hier in einem 17-köpfigen Team von ExpertInnen unterschiedlicher Disziplinen, Auszubildenden und PratikantInnen strategische, kreative Marketingkampagnen, Events und Kommunikationskonzepte. Dabei spielt neben der Offenheit für neue Impulse und Trends die Zusammenarbeit eine entscheidende Rolle. „Im Vergleich zu meinen Erfahrungen in großen Unternehmen konnte ich in hier von Anfang an von der Ideenfindung bis zur Umsetzung mitwirken, anstatt ein kleines Rädchen im Getriebe zu sein“, schildert Vincent, der seit über zehn Jahren für die explizit tätig ist. Auch Isabel hat nach ihrer Ausbildung 2008 in der Agentur und einigen Jahren im Projektmanagement bereits Erfahrungen in anderen Firmen gemacht, bevor es sie wieder zurück in ihre berufliche Heimat verschlug. „Ich hatte nach einigen Jahren in der explizit das Bedürfnis etwas Neues kennenzulernen, weshalb ich bei einer großen Agentur in Düsseldorf angefangen habe. Dort war ich eine von hunderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, was ein extremer Unterschied zum Team und auch zu den hierarchischen Strukturen vorher war“, erinnert sich die Projektmanagerin.

In dem Braunschweiger Unternehmen sind weder eine Ellbogen-Kultur noch ein autoritärer, alleinherschender Chef an der Tagesordnung – im Gegenteil. „Ohne das Vertrauen von Felix und auch untereinander würde das tägliche Geschäft nicht funktionieren. Der maximale kreative Output entsteht in einem Umfeld, in dem alle so sein können, wie sie sind und unabhängig von ihrer Position gehört werden. Wir haben es auch schon erlebt, dass beim Brainstorming am Ende Praktikanten und Auszubildende die entscheidende Idee hatten. Nur weil wir jahrelang in der Branche sind, muss nicht jeder kreative Einfall von uns kommen“, schildert der Kreativdirektor.

Die Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ansätzen und Veränderungen spiegelt sich in der Entwicklung der letzten Jahre wider. Während die Inzidenzzahlen stiegen und viele Veranstaltungen ausfallen mussten, inszenierte das Team Konzepte für Events digital.

Die seit 2015 vorangeschrittene interne Entwicklung im Bereich digitaler Contentproduktion und ein Gespür für Trends der Zukunft waren dabei von Vorteil. „Unsere Neugier in Bezug auf moderne Technologien und unsere, über Jahre entwickelte digitale Kompetenz, hat die Projektumsetzung weiterhin ermöglicht. Wir haben hier vor Ort die Möglichkeit, sämtlichen Content selber zu produzieren, von 2D über Virtual Reality bis hin zum 3D-Kinoerlebnis. So konnten wir Events und Schulungen auch digital umsetzen“, beschreibt Vincent. Bereits 2019 wurde die IT-Struktur im Rahmen der TISAX-Zertifizierung für geheime Daten aufgerüstet, was auch das mobile Arbeiten im Zuge von Veranstaltungen im Ausland, Videodrehs und Shootings in verschiedenen Locations erleichtert.

Regional verbunden, international agieren

Vom Standort Braunschweig aus werden neben lokalen Aufträgen zahlreiche Projekte weltweit geplant. Nach Aufenthalten in Ländern wie Spanien, Italien oder China kommen Isabel und Vincent immer gern nach Braunschweig zurück und sind regional verwurzelt. Braunschweig als Sitz der explizit sehen sie auch aufgrund der Nähe zu Kunden und Kundinnen der Region als Vorteil an. Sich auf Dauer auf bereits geernteten Lorbeeren der langfristigen Geschäftsbeziehungen auszuruhen, ist jedoch keine Option. „Auch die Erwartungen der Partner und Partnerinnen, die uns schon kennen sind hoch, weil wir immer wieder mit neuen Ideen begeistern wollen und müssen. Außerdem werden viele Projekte nach wie vor ausgeschrieben und im Pitch an die Agentur mit dem besten Konzept vergeben. Das treibt uns natürlich an, immer wieder über den Tellerrand zu schauen. Wir machen auch mal projektbezogene Überstunden, die aber nicht als selbstverständlich angesehen, sondern wertgeschätzt werden“, so Isabel.

In der explizit gilt die berüchtigte Work-Life-Balance als überholt. Dass der Joballtag nur mit einem Ausgleich auszuhalten ist, geht in keinen der kreativen Köpfe hinein. Als VerfechterInnen der Life-Life-Balance steht die Leidenschaft und der Spaß an der Sache an erster Stelle. „Wenn man seinen Job mag und der zwischenmenschliche Umgang stimmt, geht man einfach gern zur Arbeit. Das Klischee, dass wir mittags zusammen kochen oder uns auch über private Themen austauschen, erfüllen wir gerne. Allerdings ist in unserem Kühlschrank mehr Essen als Alkohol zu finden – wir wissen aber definitiv, wie man Erfolge feiert“, lacht Vincent.

In diesem Sinne: Cheers – auf das Agenturleben.

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