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Y-JOBS

14. Mai 2021

Die Generation Z interpretiert Beziehungen neu. Zumindest teilweise.

Die digitalen Natives machen auch beim Daten ihrem Namen alle Ehre

(Fotografie: AdobeStock_ Pixel-Shot)

Beziehungen sind schön, belebend, facettenreich UND oft herausfordernd – vor allem für die neue Generation Z (Gen Z). Denn das schier grenzenlose Potential der digitalen Welt birgt auch Gefahren.

Die nach 1995 Geborenen seien mit dem Tablet zur Welt gekommen. So liest man es zumindest in der Studie “Junge Deutsche 2019”. Dort werden fünf signifikante Merkmale genannt, die diese Generation ausmache. So seien sie immer online, es falle ihnen enorm schwer, Entscheidungen zu treffen, sie stünden unter einem enormen Leistungsdruck, seien maximal unverbindlich und sehnen sich dennoch nach Halt. Vor allem nach familiärem. Inwieweit sich diese Merkmale auf die Art und Weise, wie die Gen Z Beziehungen interpretiert, auswirkt, möchte ich heute erläutern.

Die Tatsache, dass diese junge Generation immer online ist und das digitale mit dem realen Leben verschwimmt, wirkt sich natürlich auch auf deren Dating-Verhalten aus. Stammelte unsereins noch unsicher vor sich her, dass man den Partner auf einer Online Plattform kennengelernt habe, ist das für diese Generation nicht einmal der Rede wert. Online Dating ist ebenso normal wie Online Shopping und Online Schooling. Digitale Beziehungen werden in dieser Generation ebenso gepflegt wie reale. Ältere Generationen neigen nun vermutlich dazu, dies negativ zu bewerten. Doch dafür ist es zu früh. Ob digitale Beziehungen besser oder schlechter für die Entwicklung und das eigene Leben sind, wird sich erst in Zukunft zeigen.

Die fehlende Entscheidungsfreude wird Folgen haben

Eine bereits vorhandene Problematik sehe ich jedoch im Hinblick auf die erschwerte Entscheidungsfindung, die dieser Generation nachgesagt wird. Je mehr Möglichkeiten wir haben, desto schwieriger ist es, sich zu entscheiden. Dass dies einer Generation, der die Welt - zumindest die digitale - zu Füßen liegt, zunehmend schwerfällt, ist nachvollziehbar. Doch keine Entscheidung zu treffen, ist für die Partnerwahl ungünstig. Gerade im Online Dating gibt es tausende potentielle Partner. Darunter einen passenden zu finden, ist per se schon schwierig. Für eine Generation, die sich jedoch generell bei Entscheidungen schwertut, scheint es schier unmöglich. Und so wird es neben der klassischen Zweierbeziehung auch die Dauersingles und Polyamoröse Beziehungen geben.

Leistungsdruck vs. Selbstwert. Nur einer kann gewinnen. Letzterer ist es nicht.

Ebenfalls nicht gerade förderlich für die Partnerwahl ist der enorme Leistungsdruck, unter dem die Generation Z steht. Große Teile ihres Lebens finden bei Social Media statt, wo suggeriert wird, dass alle ein Bilderbuch-Leben führen. Mit der Realität hat das jedoch nichts zu tun. Sie folgen einer Traumwelt, die die Träume so hochwachsen lässt, dass sie kaum erreichbar sind. Weder für sie selbst noch für einen potentiellen Partner. Das hat sowohl für den eigenen Selbstwert als auch für die Partnerschaft schädliche Folgen. Denn wir können nur dann aufrichtige Liebe geben und empfangen, wenn wir uns selbst lieben. Hat die Gen Z jedoch immer das Gefühl, nicht zu genügen, verringert sich sukzessive ihre Selbstliebe. Durch eine Partnerschaft versuchen sie diese innere Leere mit Liebe von außen aufzufüllen. Doch dies kann nicht gelingen, weder bei der Generation X, Y noch Z. Dieser Leistungsdruck steht somit einem erfüllten Leben und einer echten partnerschaftlichen Verbindung im Weg.

Ebenso wie die maximale Unverbindlichkeit, die der Generation nachgesagt wird. Entscheidungen seien immer nur Zwischenstände, nichts Endgültiges. Was das für eine Partnerschaft bedeutet, ist selbstredend. Leben wir in der Hoffnung, dass immer etwas noch Besseres folgen wird, gibt es keinen Grund zu bleiben, wenn es schwierig wird. Dadurch werden Verbindungen schnell aufgelöst und es entsteht eine enorme Unsicherheit, da es nichts Beständiges zu geben scheint. Vielleicht ist der Generation Z gerade auch deshalb die Geborgenheit der Familie so enorm wichtig. Denn so jung sie auch sind, merken sie doch, dass eine echte Umarmung so viel wertvoller ist als 100 neue Follower. Ein schöner Wert, der mich zuversichtlich stimmt, dass sich die Gen Z irgendwann nach einer eigenen Familie sehnen und diese gründen wird. Doch zuvor werden sie sich erst einmal ausprobieren, so wie alle Generationen davor auch.

Christian Hemschemeier

(Jahrgang 1967) ist seit 2000 selbständig als Psychotherapeut, Paartherapeut und Coach. 2004 gründete er alstertal-­coaching für die Beratung in Unternehmen, 2009 das Institut für Integrative Paar­therapie zur Ausbildung von Paar­therapeuten. Seit letztem Jahr ist er zunehmend tätig als YouTuber eines Kanals zu Dating, Beziehung & Liebe und entwickelt Online-Kurse und Seminare in diesem Bereich. www.liebeschip.de

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