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HARZGLANZ

8. Dezember 2022

teatr dach: Platz ist auf dem kleinsten Heuboden

Das Interview

(Fotografie: teatr dach)

Auf dem ehemaligen Heuboden seines alten Fachwerkhauses hat der Regisseur Albrecht Schultze (Ali) mit Freunden und Gleichgesinnten im Jahr 1990 das „teatr dach" eingerichtet. Eine Kleinkunstbühne mit 60 Plätzen – die bereits international für Aufsehen gesorgt hat. STADTGLANZ hat den besonderen Ort in Meerdorf im Landkreis Peine für ein Interview besucht.

Wie kann ich mir das teatr dach vorstellen, was ist der Grundgedanke?

Der Grundgedanke, wie er auch in der Satzung verankert ist, ist „Förderung der Kultur im ländlichen Raum“ und „Bühne als Sprungbrett für Künstler aus der Region“.

Wie ist die Idee für das teatr dach entstanden?

Vor nunmehr 29 Jahren, als das Ganze noch ein einfacher Heuboden in einem Fachwerkhaus war, führte ich Theater­seminare mit Schülern und später auch mit Lehrern durch. Die Atmosphäre des 90-Quadratmeter-Raumes unterm Dach inspirierte mich, daraus etwas „Offizielles“ zu machen. Die eigentümliche Schreibweise des „teatr dach“ stammt aus dem Gründungsjahr, als es um die Namensgebung ging. Die Kleinschreibung soll neugierig machen und ein Hinweis auf Unkonventionelles sein – wie z. B. im Dadaismus – der Begriff „teatr“ ist bewusst fremdsprachlich formuliert und soll Weltoffenheit symbolisieren.

Sie sind in Meerdorf zu Hause, sprich im ländlichen Raum. Wie bekommen Sie ausreichend Gäste für Ihre Angebote zusammen? Und wie erreichen Sie sie?

Während wir vor Jahren noch in den umliegenden Dörfern plakatieren mussten, ist die Werbung über das Internet und per Mailverteiler wesentlich effektiver geworden. Seitdem sind wir immer recht schnell ausgebucht, zumal wir ein viel­fältiges Veranstaltungskonzept anbieten.

Wieso ist die kulturelle Arbeit, die Sie mit dem teatr dach betreiben, für den Landkreis aus Ihrer Sicht so wichtig?

Die regionale Bündelung kultureller Aktivitäten im Bereich Theater erschien mir bei der Gründung unseres Vereins sehr wichtig. Gleichzeitig beabsichtigten wir mit der Einrichtung einer Bühne, Spielern ein Forum zur künstlerischen Entfaltung zu bieten. So hatten heute namhafte Künstler wie zum Beispiel Peter Wehrmann alias „Pete the Beat“ und die „Herzen in Terzen“ im teatr dach ihre Anfänge. Wie „wichtig und richtig" unser Konzept ist, ist allein schon durch die Tatsache belegt, dass Stiftungen wie etwa die „Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz“ und die „Braunschweigische Stiftung“ unsere eigenen Theater­produktionen seit Jahren fördern, und uns schon als „kulturellen Leuchtturm der Region“ bezeichnet haben.

Auf welche „Meilensteine“ der Vergangenheit sind Sie besonders stolz?

Darauf, dass unser Theater inzwischen überregional bekannt ist, wir viele Gast­spiel­angebote bekommen und für unser viel­seitiges und niveauvolles Programm immer wieder Lob und Aner­kennung finden. Auch darauf, dass wir für den Gemeinsam-­Preis der Braunschweiger Zeitung vor­geschlagen wurden und dass man mir 2017 unter anderem wegen meines kulturellen und sozialen Engagements das Bundes­verdienstkreuz überreicht hat.

Gibt es eine bestimmte Anekdote, einen bestimmten Moment aus dem teatr, der Ihnen niemals aus dem Kopf gehen wird?

Nun, es gab Situationen, dass wir bei unserer Veranstaltungsreihe unter dem Titel „INTERNATIONES“ zum Thema Irland im teatr-Garten so eingeregnet wurden, dass wir samt Band ins gegenüberliegende Dorfrestaurant „Altes Landhaus“ fliehen mussten und dort problemlos weiterfeiern konnten. Auch muss ich daran denken, dass ein Reporter der Tageszeitung eine Rezension über ein Kabarettistenduo schrieb, aber weil er gar nicht anwesend war, er nicht bemerken konnte, dass nur ein Schauspieler auftrat. Oder, dass wir vor 25 Jahren mit dem Ensemble einer wunderbaren Klesmerband (Jalda Rebling) statt die geplante Musikveranstaltung durchzuführen, gemeinsam zum Spargelessen gingen. Grund: Es waren nur zwei Zuschauer anwesend. Auch denke ich daran zurück, dass der berühmte Kabarettist Dieter Hildebrandt trotz gefühlter 35 Grad Celsius nicht im teatr-Garten auftreten wollte – er hatte ja schließlich einen kühlenden Ventilator neben sich stehen, aber die Gäste…

Wie kann ich mir das Programm im teatr dach vorstellen: Sind es Eigenproduktionen? Gastspiele?

In der Regel sind es Gastspiele von Künstlern vorwiegend aus dem gesamten deutsch­sprachigen Raum: Kabarett, Musik- und Tanztheater, A-capellaGruppen, Live-Musik, Varieté, Zauberer und vieles mehr. Besonders gefragt sind aber auch die Eigenproduktionen unseres Hausensembles, so etwa unser Stück „Hochzeit à la Griechisch“, eine theatrale Inszenierung als original griechische Hochzeit mit anschließendem Essen. Vor fünf Jahren hatten wir allerdings beschlossen, diese sehr beliebte Komödie zu beenden und produzierten ein neues ebenso erfolgreiches Stück unter dem Titel „Willgomm bei de (Nieder-)Sachsen“, eine Hommage an Sachsen. Da aber die Nachfrage nach der Hochzeit noch immer riesig ist, haben wir uns dem Willen des Publikums gebeugt, so dass die letzte Aufführung in diesem Jahr war.

Worauf dürfen sich Interessierte in nächster Zeit freuen?

Die meisten Veranstaltungen für dieses Jahr sind bereits ausverkauft. Aber eben nicht alle. Ein Blick auf unsere Homepage www.teatr-dach.de lohnt sich! Gleichzeitig bereiten wir unsere fünfte Eigenproduktion unter dem Arbeitstitel „Die Seniorenrevolte“ vor. Die Premiere ist für März 2020 geplant. Mit diesem Stück hoffen wir erneut ein volles Haus zu bekommen.

Was wünschen Sie sich für das teatr dach für die Zukunft?

Wir wünschen uns weiterhin viele begeisterte Zuschauer, tolle Programme für die nächsten Jahre und dass noch mehr aus der jüngeren Generation den Weg zu unserem kleinen Theaterchen finden. Immerhin war selbst Chris Tall schon bei uns auf der Bühne. Und wir freuen uns natürlich auf die große Jubiläumsfeier im kommenden Jahr: 30 Jahre teatr dach!

Falk-Martin Drescher

studierte Stadt- und Regionalmanagement und ist gelernter Quartiersmanager, engagiert sich selbst ehrenamtlich als Vorstandsvorsitzender des Braunschweiger Kultviertels. Im Medienbereich selbstständig, neben seiner journalistischen Tätigkeit als Konzepter, Moderator und im Bereich Influencer Relations aktiv. Mit dem The Dude-Newsletters (www.meett hedude.de) informiert er zudem jeden Montagmorgen über ausgewählte Events und Neuigkeiten aus der Region.

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