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HARZGLANZ

28. Februar 2024

Gefahren aus dem Darknet

Wie sicher ist das Dark Web?

Schutzmaßnahmen der Kripo

(Fotos: Adobe Stock/Lasha Kilasonia, Alexander Limbach)

Kennen sie einen Ort, an dem sie Drogen oder Waffen kaufen können?

So als würden sie bei Amazon oder eBay bestellen?
Einen Ort an dem Anonymität der Schlüssel zu vollständiger Grenzenlosigkeit ist? Einen Ort, dessen Potenziale und Gefahren gleichermaßen riesig sind?

Die Rede ist vom Darknet, auch Darkweb genannt. Das Darknet gehört, wie das Clear Web und das Deepweb, zur dreiteiligen Definition des Internets. Das Clear Web zum einen ist der Teil des Internets, in dem wir einkaufen, digitale Magazine lesen, uns in sozialen Medien austauschen oder Urlaubsfotos hochladen. Also Webseiten, die gefunden werden WOLLEN, wie Amazon, YouTube und Stadtglanz.de.

Das Deep Web zum Zweiten ist der Teil des Internets, der nicht indexiert ist und somit nicht über Suchmaschinen gefunden werden kann. Das Deep Web enthält beispielsweise Firmendatenbanken, Serviceseiten für Behörden oder Server die Streaming-Dienstleistungen anbieten. Also Dienste bzw. Seiten, die nicht gefunden werden wollen oder sollen, weil sie Unternehmensgeheimnisse enthalten oder Services anbieten, die für den Betrieb der Institution überlebenswichtig sind. Das Deep Web ist der größte Teil des Internets (ca. 90%). Und zuletzt das Darknet. Das Darknet ist nur über eine spezielle Software, den TOR Browser, erreichbar, dadurch anonymisiert und trotzdem für alle ohne großen Aufwand zugänglich. Das Darknet wurde nicht für kriminelle Machenschaften erfunden. Die Idee dahinter war es, Journalisten, Aktivisten, kurz Menschen, die in ihren Ländern Verfolgung fürchten müssen, vor eben diesen Repressalien zu schützen. Während die Anonymität für die Einen Schutz vor Gefahren bietet, ist eben jene Anonymität für Kriminelle eine Ein­ladung, ihren Tätigkeiten nachzugehen.

Denn einhergehend mit der Entstehung des Darknets digitalisierten illegale Märkte ihr Angebote, Krypto-Währungen entstanden und haben heute einen erheblichen Anteil am weltweiten Handel mit illegalen Produkten.

Die Digitalisierung von illegalen Märkten fand 2011 im nicht ersten, aber ersten erfolgreichen Darknet-Online-Shop Silk Road 1.0 ein Vorreitermodell, das bis heute den Handel illegaler Produkte im Darknet prägt. Bis heute können verschiedenste Drogen und Waffen, gefälschte Dokumente, kinderpornografische Inhalte, Dienstleistungen wie Hacking oder Malware Anleitungen und andere illegale Produkte oder Dienstleistungen völlig anonym mithilfe von Kryptowährungen in Darknet-Shops käuflich erworben werden. Dabei ist der Drogenhandel mit knapp 68 Prozent aller Transaktionen der größte und bekannteste Bereich im Darknet. Während der Umsatz des damals faktisch monopolisierten Marktes Silk Road 1.0 innerhalb eines Jahres von 14,4 Millionen US-Dollar 2012 auf ca. 89,7 Millionen US-Dollar 2013 beziffert wird, schätzt der World Drug Report 2021 den Umsatz solcher Darknet-Foren auf mittlerweile ca. 316 Millionen US-Dollar jährlich – und merkt gleichzeitig an, dass das Potenzial dieser Märkte riesig ist.
 
Die Problematik des Darknet-Handels ist, dass geografische Beschränkungen per Mausklick überwunden, illegale Produkte per Postweg versandt und weltweit verkauft werden können und letztlich ohne staatliche Regulierung in die Zivilgesellschaft geschleust werden. Schusswaffen, Drogen, ein falscher Personalausweis – die Liste der illegalen Produkte, die käuflich erworben werden können, ist lang. Als abschreckendes Beispiel dient das Attentat 2016 in München.
Die Waffe, mit der der Täter 9 Menschen das Leben nahm, stammte aus einem Darknet Forum.
Die Methoden zur Eindämmung der Gefahren des Darknets sind vielfältig und reichen von regionaler Strafverfolgung bis hin zu internationalen Kooperationen. Wie können die Strukturen von Krypto-Währungen, von Darknet-Märkten verfolgt werden? Wie können Käufer von gesellschaftsbedrohenden Produkten ausfindig gemacht und bestraft werden? Und wie sieht die Arbeit gegen Darknetkriminalität konkret in der Region Braunschweig aus?

Ich sprach mit Mario Krause und Eike Hoffmann von der Zentralen Kriminalinspektion Braunschweig, um mehr über die Bekämpfung von Darknetkriminalität zu erfahren.

Timo Grän: Herr Krause, Herr Hoffmann, was ist ihre berufliche Heimat?
Mario Krause: Ich bin Leiter der Taskforce CyberCrime der Polizeidirektion Braunschweig. Die Polizeidirektion Braunschweig ist eine von mehreren Direktionen in ganz Niedersachsen. Unser Zuständigkeitsbereich erstreckt sich über das Gebiet von Gifhorn bis in den Harz, also Goslar, und von Helmstedt bis Peine. Wir befassen uns in dieser Region mit allen Straftaten, die dem Bereich CyberCrime im engeren Sinne zuzuordnen sind, also z.B. Computersabotage, Verschlüsselungstrojaner, Betrug bei eBay und eben auch Straftaten die im Darknet begangen werden.
Eike Hoffmann: Ich bin erst vor drei Jahren zur TaskForce CyberCrime, also überhaupt zur Polizei gekommen. Ich bin studierter Informatiker und Programmierer, kein Polizist. Damals, als ich in die Abteilung von Herrn Krause kam, waren wir noch eine sehr überschaubare Einheit. Inzwischen hat es da, Dank der politischen Unterstützung und der Unterstützung der Führungsebene in der Polizeidirektion Braunschweig einen deutlichen Aufwuchs gegeben. Es gibt bei uns im Team Polizeibeamte, also Sachbearbeiter und eben auch Informatiker und Programmierer wie mich. Wir ergänzen uns im Team.

TG: Ich sprach in meinem Artikel über Darknetkriminalität. Was schätzen sie als größte Gefahr für die Zivilbevölkerung im Zusammenhang mit der Darknetkriminalität ein?
MK: Das Darknet wurde ja ursprünglich nicht als Tummelplatz für kriminelle Machenschaften entwickelt. Vielmehr ging es darum, Menschen einen besonders geschützten Bereich im Internet zu bieten, die ansonsten Repressalien und Schlimmeres zu fürchten hätten. Aber das haben natürlich auch die Kriminellen erkannt. Die größte Gefahr dabei ist, dass der Bereich vollkommen unreguliert ist und kaum kon­trolliert werden kann. Es werden Straftaten über Ländergrenzen hinweg begangen, es werden Verabredungen zu Straftaten getroffen und all das ist mit herkömmlichen Ermittlungsmethoden nur schwer greifbar. Es besteht die Gefahr, dass sich eine kriminelle Parallelgesellschaft entwickelt, die unserer Zivilgesellschaft erheblichen Schaden zufügt und kaum zu kontrollieren ist.

TG: Darknetforen sind dynamisch, nicht regulierbar. Selbst wenn sie offline gehen, erzwungen durch die Polizei oder freiwillig vom Betreiber vom Netz genommen, geht kurz darauf ein Nachfolger online. Stößt die Strafverfolgung und stoßen die Strafverfolgungsbehörden hier an ihre Grenzen?
MK: In gewisser Weise stößt Strafverfolgung hier an ihre Grenzen, ja. Zumindest mit herkömmlichen Ermittlungsmethoden. Hier muss einfach ein Umdenken stattfinden. Aber unsere Taskforce CyberCrime ist ja das beste Beispiel, dass genau dieser Prozess gerade in Gang kommt.
EH: Genau. Informatiker in der Polizei. Das gab es bis vor nicht allzu langer Zeit wohl überhaupt nicht. Wir entwickeln neue Softwares, Methoden für genau solche Ermittlungsarbeit. Und im Team können wir dann auch in diesem Bereich sehr gute Erfolge erzielen, was ich selber schon mehrfach in meiner kurzen Zeit bei der Polizei erleben durfte.  

TG: Es gab verschiedene, sogar internationale Operationen zur Schließung von Darknetforen. Dennoch waren diese Foren nach kurzer Zeit wieder online. Warum ist es so schwierig solche Foren nachhaltig zu schließen?
MK: Die Kriminellen haben es einfach. Sie halten sich nicht an Gesetze, meist nichtmal an gängige Werte und Normen. Sie können schnell und mehr oder weniger anonym über Ländergrenzen hinweg arbeiten. Wir jedoch halten uns an Gesetze, Werte und Normen. Hinzu kommt, dass viele Länder bei der Strafverfolgung untereinander nicht oder nur wenig kooperieren. Manchmal fehlen auch einfach die Mittel. In Deutschland gibt es z.B. keine Vorratsdatenspeicherung. Es gilt also hartnäckig zu sein, die verfügbaren Werkzeuge zu nutzen und neue zu entwickeln.
EH: Wir sprechen hier über das Internet. Das Internet vergisst nie. Es ermöglicht grenzenlose Kommunikation. Das bringt viele Vorteile und große Chancen mit sich, birgt aber  auch gewissen Risiken. Damit muss man umgehen können bzw. umgehen lernen. Und dieser Prozess ist gerade auch aus technischer Sicht auf einem sehr guten Weg. Wir lernen täglich dazu und wenden das Gelernte an.

TG: Welche Rolle spielt die regionale, nationale oder sogar internationale Kooperation von Polizeibehörden bei der Strafverfolgung in diesem Bereich? Was könnte man verbessern?
MK: Wie gerade schon angesprochen: Zusammenarbeit ist eine wichtige Grundlage für den Erfolg von Ermittlungen, gerade im Bereich CyberCrime. Regional, national und auf europäischer Ebene funktioniert das dank Institutionen wie Europol und Eurojust schon recht gut. Natürlich gibt es immer Dinge, die verbessert werden können. Es würde beispielsweise helfen, wenn bestimmte Prozesse noch weiter beschleunigt und vereinfacht werden könnten. Auch international gibt es in vielen Bereichen positive Kooperationen, aber eben auch Staaten, die wenig oder gar nicht kooperieren. Das ist jedoch Thema der Politik.
EH: Ich denke gerade im Bereich Nutzung von Softwares bzw. technischen Hilfsmitteln zur Vereinfachung der Zusammenarbeit regional, national oder international gibt es noch Verbesserungspotenzial. Aber auch hier gibt bereits viele Initiativen auf den verschiedenen Ebenen.

TG: Welche technischen Möglichkeiten hat die Polizei denn konkret, um mit den Kriminellen mithalten zu können?
MK: Über konkrete Mittel und Methoden kann ich natürlich nicht reden. Das werden Sie verstehen. Seien Sie versichert; Wir verfügen über ein breites Portfolio an operativen und technischen Maßnahmen. Wir sind gut aufgestellt und lernen quasi täglich dazu.
EH: Ja, gerade auch im Bereich Software wird ständig Neues entwickelt. Das ist nicht zuletzt auch eine meiner Aufgaben bei der Polizei.

TG: Freiheit vs. Datenschutz ist eine Diskussion, die seit Jahren in Bezug auf die Nutzung des Internets geführt wird. Welche negativen Konsequenzen Überwachungssoftwares in den falschen Händen haben kann, sieht man am Fall „Pegasus“. Ist Überwachungssoftware vielleicht sogar gefährlicher, als die Gefahren, die dadurch verhindert werden sollen?
MK: Das ist insgesamt eine politische Diskussion, die ich hier an dieser Stelle weder führen möchte, noch kann. Als Ermittlungsbeamte benötigen wir jedoch adäquate Mittel, um mit den Kriminellen Schritt halten zu können. Das kann z.B. die Vorratsdatenspeicherung sein. Die Gefahren, die von solcher Software ausgehen können, die Abwägung zwischen Datenschutz- und Freiheitsrechten, sind Aufgabe der Politik, Aufgabe des Gesetzgebers.

TG: Wie sieht ihre Einschätzung zur zukünftigen Bedeutung des Darknets aus und wie sollte die Polizei dafür aufgestellt sein? Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen, um den Kriminellen im Darknet ebenbürtig sein zu können?
EH: Man darf das Darknet nicht als einzelnes Phänomen betrachten. Wir sprechen hier über das Internet als solches. Das ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken und wird es auch nie wieder sein.
MK: Exakt. Und die Polizei ist bereits gut aufgestellt. Gerade auch in diesem Bereich. Da ist ständig Bewegung drin. Neue Phänomene entstehen und gehen genauso schnell wieder, wie sie gekommen sind. Da müssen wir einfach mit umgehen können. Das geht nur durch stetiges Lernen, durch die Entwicklung von neuen Arbeitsmitteln und Methoden. Der „Polizist der Zukunft“ wird nicht mehr zwingend mit der Waffe auf der Straße patrouillieren. Aber auch das wird es immer geben.

 

 

 

Timo Grän

Herausgeber des Stadtglanz und der Service-Seiten. Verbrachte seine ersten Lebensjahre in Sambia und Botswana, bevor er Kind dieser Region wurde. Seitdem ein Förderer des Regionspatriotismus.

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