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HARZGLANZ

19. März 2021

Das Braunschweig-Wolfsburg Sofa

„Gemeinsam gestalten“

(Fotografie: Matthias Leitzke)

Herr Dr. Löbermann, Sie sind seit 1,5 Jahren Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig – was war bisher die größte Herausforderung und das beeindruckendste Erlebnis?

Löbermann: Die Zeit war durch diverse Herausforderungen bestimmt. Sowohl für unsere Mitgliedsunternehmen als auch für uns als IHK. Die zentrale Herausforderung lag insbesondere in der Kombination der vielen unterschiedlichen Themen. Wir sind dabei auf einem guten Weg. Besonders wichtig war und ist für mich, dass wir so vielen unserer Mitgliedsunternehmen, insbesondere bzgl. der Anforderungen durch Corona in den letzten Monaten hilfreich und effektiv zur Seite stehen konnten. Darauf werden wir auch in Zukunft den Fokus legen. Beeindruckt hat mich die Zusammenarbeit mit unserem Ehrenamt und dessen verantwortungsvollem Handeln, besonders in diesen turbulenten Zeiten. Diese Erfahrung im Zusammenspiel mit dem Engagement und den Potenzialen meiner IHK-Mannschaft lassen mich positiv in die Zukunft schauen - trotz aller weiteren Beeinträchtigungen.

Herr Wilkens, Sie haben sich nach Stationen in Kiel, Lüneburg und Celle als Leiter der IHK-Geschäftsstelle seit 2015 im Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg etabliert. Was macht für Sie den Reiz der regionalen Unternehmenslandschaft aus?

Wilkens: Die enorme Innovationskraft! Der Wirtschaftraum Braunschweig-Wolfsburg ist die forschungsintensivste Region in Europa. Zur Region zählen zahlreiche Universitäten und bedeutende außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie die Max-Planck-Gesellschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft, die Leibniz-Gemeinschaft und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Mit der Teststrecke Niedersachen haben wir ein weiteres Innovationsprojekt in der Region verankern können, von dem wir spannende Impulse für die automatisierte und vernetze Mobilität erwarten dürfen. In Wolfsburg selbst begeistert mich das Projekt #wolfsburgdigital, das die Stadt zusammen mit Volkswagen initiiert hat. In Kooperation mit weiteren Akteuren werden dabei sehr erfolgreich die Themen Stadtentwicklung und Digitalisierung verknüpft.

Beide Industrie- und Handelskammern sind Gesellschafter in der Allianz für die Region, seit 2017 veröffentlichen sie einen gemeinsamen Konjunkturbericht, stimmen sich zu wirtschaftlichen Fragen eng ab. Was bedeutet die Kooperation für die Unternehmen?

Wilkens: Gemeinsam leben alle Gesellschafter den Slogan „Wirtschaft beginnt mit Wir“. Da leisten wir als IHKs einen wesentlichen Beitrag. Im Bereich der Interessensvertretung können wir wichtige Infrastrukturprojekte wie den schnellen Ausbau der A 39 und der Weddeler Schleife mit vereinten Kräften voranbringen.

Löbermann: Zusammen verfolgen wir das Ziel, dass unsere Region ein wirtschaftsstarker Standort bleibt. Dazu braucht es gute Rahmenbedingungen und diese können wir gemeinsam wesentlich kraftvoller gestalten. Dabei sollen die Mitgliedsunternehmen die Kammergrenzen nach Möglichkeit nicht spüren.

Mit 2020 neigt sich ein Jahr dem Ende, das uns alle mit der Corona-Pandemie vor eine nie dagewesene Situation gestellt hat – und gravierenden Folgen auch für die Unternehmen bereithielt. Wie geht es der regionalen Wirtschaft heute?

Löbermann: Die Konjunkturumfrage für das 3. Quartal 2020, die wir gemeinsam für den Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg umgesetzt haben, hat gezeigt, dass unsere regionale Wirtschaft auf dem Weg war, sich aus dem Corona-Tal hinauszuarbeiten. Aufgrund der steigenden Infektionszahlen und des aktuellen Lockdowns wächst die Unsicherheit allerdings wieder. Es bleibt also eine angespannte Situation, insbesondere in einigen Branchen.

Wilkens: In Industrie, Handel und der Dienstleistungswirtschaft hat sich die Wirtschaftslage im Vergleich zum Vorquartal deutlich verbessert. Für Euphorie besteht aber kein Anlass. Nach wie vor sind das Reise- und Veranstaltungsgewerbe in besonderem Maße von der Corona-Pandemie betroffen, ohne dass rasche Besserung in Sicht ist. Zudem zeigt sich die Gastronomie angesichts steigender Infektionszahlen und des anstehenden Winterhalbjahrs besorgt.

Was stimmt Sie trotzdem positiv?

Wilkens: Branchenübergreifend hat die Unternehmen ein Digitalisierungsschub erfasst. Händler haben Online-Shops gestartet oder ausgebaut, viele Veranstaltungen finden digital statt. Wenngleich auch mir persönlich in den vergangenen Monaten der direkte Austausch oft gefehlt hat, zeigt das einmal mehr den Gestaltungswillen der regionalen Unternehmer, die nicht in Problemen, sondern in Lösungen denken.

Löbermann: Die Kreativität, Flexibilität und Innovationsfähigkeit unserer regionalen Wirtschaft in den letzten Monaten ist beeindruckend. Viele Unternehmen sind neue Wege gegangen – ob digital oder produktbezogen. Zusätzlich gab es eine neue Form des Miteinanders und des gegenseitigen Unterstützens in diesen schwierigen Zeiten, was sich z.B. in verschiedenen Initiativen wie UHU (Unternehmen helfen Unternehmen) widerspiegelt. Das ist eine neue Qualität, die vor Corona in dieser Form noch nicht sichtbar war.

Niedersachsen ist Automobilland, das gilt besonders im Wirtschaftsraum Wolfsburg mit Volkswagen als Großkonzern und vielen Zulieferern im näheren Umfeld. Wie gut ist die Branche in unserer Region in Sachen Digitalisierung, E-Mobilität und autonomes Fahren aufgestellt?

Löbermann: In Bezug auf E-Mobilität und autonomes Fahren befindet sich die Automobilindustrie mitten im Transformationsprozess. Für diese neuen Antriebstechnologien aber auch für das autonome Fahren muss die Infrastruktur sicherlich noch weiter ausgebaut werden. Mit den Forschungsprojekten in unserer Region verfügen wir über beste Voraussetzungen, um Erfahrungen zu sammeln und weitere Potenziale zu entfalten.

Wilkens: Das Ziel in Wolfsburg ist klar: Die Stadt will Hotspot der Digitalisierung und Elektromobilität werden. Bis 2025 sollen 50 Prozent des Kfz-Zulassungsbestandes in Wolfsburg aus Elektrofahrzeugen bestehen und eine entsprechende Ladeinfrastruktur geschaffen werden. Darüber hinaus laufen auch Planungen für ein E-Radschnellnetz und ich sagte es vorhin bereits: Von den Forschungen am Testfeld Niedersachsen sind Impulse aus den Bereichen autonomes Fahren und vernetzte Mobilität zu erwarten.

Als IHKs vertreten Sie die Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen und setzen sich für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen ein. Was steht 2021 ganz oben auf Ihrer Agenda?

Löbermann: Das kommende Jahr beginnt für uns mit der Konstituierung unserer neuen Vollversammlung, bei der auch das Präsidium gewählt wird. Dadurch werden mit Sicherheit schon einige Impulse gegeben. Durch die aktuellen Entwicklungen sind nicht nur die Aktienmärkte volatil sondern das Wirtschaftsleben und dessen Rahmenbedingungen insgesamt. Wirtschaftlich zu agieren wird derzeit zunehmend unplanbarer. Neben den coronabedingten Auswirkungen spielen auch die langen Planungszeiträume, der Brexit oder der bestehende Bürokratieaufwand eine bedeutende Rolle. Wir werden uns weiterhin bei diesen Themen engagieren. Dabei gilt es die Folgen der Pandemie zu mildern und für uns als IHKs unser Angebot stärker auf diese Situation und die sich verändernden Rahmenbedingungen abzustimmen. Auch das weite Feld der Digitalisierung wird ein Thema bleiben. Hier mussten und konnten wir alle unterschiedliche Erfahrungen sammeln und uns weiterentwickeln. Darauf sollten wir aufbauen.

Wilkens: Mit unserem Jahresthema 2021„Region zukunftsfähig aufstellen“, wollen wir die regionale Wirtschaft dabei unterstützen, die Coronakrise zu meistern. Die Vollversammlung unserer IHKLW hat eine Strategie verabschiedet, die Schwerpunkte setzt in den Bereichen Bürokratieabbau, Fachkräftesicherung durch Aus- und Weiterbildung und Innovationsförderung. Dabei wollen wir weiter die Digitalisierungskompetenz im Mittelstand voranbringen, neue Geschäftsmodellentwicklungen begleiten und stehen den von der Corona Pandemie betroffenen Unternehmen mit Beratungen zu Fördermitteln und Finanzierungen auf allen Kanälen zur Seite. Ich bin sicher, dass wir auch hierbei viele Themen gemeinsam mit der IHK Braunschweig bewegen werden.

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