Skip to main content

HARZGLANZ

1. Februar 2022

Hammer Heimat Haie Heie

Die Heimat eines Musikers

(Fotografie: Sebastian Schollmeyer)

Geboren wurde ich natürlich genau 1967! Mütterlicherseits sind meine Roots in Schlesien und Ostpreußen, väterlicherseits in Ostfriesland und Westfalen.

Geplant war meine Geburt eigentlich in Beirut; ich wurde im Libanon gezeugt! Meine Eltern arbeiteten dort in einem christlichen Waisenhaus und mussten wegen politischer Unruhen nach Deutschland fliehen; unser VW Käfer kam später im Container im Hafen Genua an und ich kam in Osterode am Harz zur Welt. 1977 zogen wir aus Hannover nach Braunschweig! Mein Dad nahm hier eine Hippie-Kirchenstelle als Studentenpfarrer an.

Er bekam für sich und seine Family eine unfassbar schöne Dienstwohnung an der Pockels-Straße 22, eher ein ganzes Diensthaus, direkt an der Oker mit Kamin, Bootsstegen, Band-Übungsraum, hohen City-Bäumen und einem geilen Stahl-Kletter-Gerüst unter der Oker-Brücke.

Schulkameraden der Bültenweg-Grundschule rekrutierten mich zeitnah für den Sportverein „Freie Sportfreunde Braunschweig“ (FSB), mit dem wir Staffel-Meister unter Trainer Empacher wurden! Der Eintracht-Spieler Danilo Popivoda (R.I.P.) wurde damals auf dem Schulhof geradezu verehrt, Sammel-Karten und Eintracht-Fan Kram werden getauscht.

Heimat-Brüder Dirk & Heie; Unsere Nachbarn (z. B. Tobi & Christian Eitners Oma) mussten ohne Ende unsere penetrante Lautstärke und unsere ewige Streit-Zickerei ertragen … Wir waren halt Hippies mit Yps-Zelt, lautem Band-Equipment und Erbsen-Pistolen! Fun-Fakt: Dirk und ich kloppten uns ausgiebig in unserem Garten; ca. 30 Jahre später wurde beim Abriss des Hauses direkt dort eine mega-fette Fliegerbombe gefunden und nach strikter Evakuierung des gesamten Viertels vorsichtig entschärft.

Ich bekam in Braunschweig abgefahrener Weise eine echte Frau Braunschweig als Klassenlehrerin. Mir wurde gleich klar gemacht, wie ernst das hier mit der „Heimat“ genommen wird. Stadt Heinrich des Löwens – keine Fragen offen!

Nach der Orientierungsstufe „Franzsches Feld“ am Nussberg ging es auf meine absolute Herzens-Schule, die heilige N.O. (Neue Oberschule) im „Musiker-Viertel“, 'türlich in der Beethovenstraße!

Coolste Typen und Bands waren hier am Start! Ich hatte schnell eine eigene Band: G-Point (Soul-Funk-Pop) mit meinem Bruder Dirk und Henrik Freiberg (Chef im Studio Ost), Heiko Schmidt, den Gebrüdern Steinmetz u.a. Bernhard Steinmetz trompetete später auch in der Jazzkantine und starb leider viel zu früh Ende der 90er sein großer Bruder Michael brachte mich mit seiner freundschaftlichen Ruhe und Geduld durchs Mathe-Abi bei unserem liebsten Lehrer Zavo, Herrn Zavodny!

Mit G-Point hatten wir tolle Erlebnisse bei Gigs und Bandwettbewerben, z.B. im FBZ, dem Freizeit- und Bildungszentrum! Es lag an der Nimestraße gegenüber des Stadtbades mit seinem Phallus-artigen Monster-10er-Sprungturm. Heute residiert dort das edle (Ab)-Steigenberger. Im BS-Heimat-80s-Buch „Bohlwegzeiten“ von Ole Schulz-Weber durfte ich davon berichten!

Als Schüler der N.O. hatte ich die Ehre, im Schultheater als Musiker mitmachen zu können. Unter der Regie von Harald Hilpert, meinem Französisch-Lehrer, der durch seine Verwandtschaft zum berühmten deutschen Theater-Macher Heinz Hilpert eine echte Kreativ- und Power-Aura ausstrahlte!

Unser kongenialer Musik-Lehrer Hartwin Alrutz coachte uns Musiker und wir spielten stolz als Auswahl von Niedersachsen bei einem Schultheater-Festival auf Kampnagel in Hamburg. Wir rockten die Hütte mit unserer Version der 3-Groschen-Oper (Meckie Messer Groove Version); ich schaffte es, in Extrem-Euphorie gleich zwei Saiten des Bühnen-Klaviers zu schrotten – ein echtes Erlebnis – jetzt wollte ich unbedingt Profi werden!

Mit dabei waren auch N.O.-Mitschüler und G-PointBassmann Christian Eitner, der spätere Chefkoch der Jazzkantine! Die Band, mit der ich fast zwei Jahrzehnte tollste Gigs hatte, ordentlich CDs verkaufte, einen Echo-Preis bekam und unter Bundespräsident Roman Herzog ernsthaft als Kulturbotschafter Deutschlands in Südafrika war! Bei Jazzkantine auch heimat-mäßig dabei: mein Bruder Dirk an den Drums, Bernhard Steinmetz – Trompete, Tobi, Christians Bruder im Team hinter der Bühne u.v.a! Mit vielen Bandmitgliedern sind echte Freundschaften entstanden – York, Aleksey, Phil Sauer hat sogar in meinem Dorf Weddel gebaut, ich unterrichtete seinen Sohn in der Grundschule!

Ich selbst war lange Klavier-Schüler vom legendären Jazz-Pianisten Otto Wolters in der beeindruckenden Gerloffschen Villa neben der Gauß-Schule, wo heute die Stiftungen und die Braunschweigische Landschaft sitzen (Löwenwall). Otto ist leider kürzlich gestorben, aber es ist schön, dass er beim Jazzfestival der Braunschweigischen Landschaft JAZZ IM PARK, bei dem ich stolzer musikalischer Leiter bin, noch einen gefeierten Gig im Rittergut Alvesse spielte!

In der Heimat lehren… Meine Musikschule, Musiktrainer Erchinger habe ich in schönen Läden im Östlichen Ringgebiet untergebracht und natürlich in Weddel. An der Ostfalia arbeite ich als Lehrbeauftragter, nachdem mich meine Jugendfreundin Prof. Dr. Sandra Müller dort ins Team holte! In der Realschule LebenLernen unterrichte ich alle Klassen in Musik! Ich freue mich, dass ich 1995 in Braunschweig Lehramt studierte und mit dem Staatsexamen für Mathe, Musik und ev. Reli abschloss.

Heimat-Beziehung: Ich bin mit meiner geliebten Claudia schon mindestens 3 Jahrzehnte zusammen; 2019 haben wir dann noch kirchlich geheiratet; mit einer traumhaften Sommer-Party-Hochzeits-Zeremonie an unserem ureigenen Gartenteich! Der Pastor Jens Paret aus Hondelage hatte nach unserer Anfrage bzgl. dieses etwas speziellen und weniger sakralen Ortes einfach spontan ja gesagt. Unsere Weddeler Familie hat die komplette Feier organisiert mit tollem Essen, Musik, Bierwagen… Neffen als DJs!

Mein geliebter Sohn Johannes Lasse ist schneller Flügel-Stürmer beim TuS Cremlingen, 1. Herren und mittlerweile für das Lehramt-Studium in Braunschweig eingeschrieben (meine Fußstapfen)!

Für mich auch klar Heimat: das Östliche! Hier wohnte ich lange in der Jasperallee 14 und 15, in den Bremer Häusern. Das sind alte Botschaften des Landes Braunschweig. Heute ist meine Heimat ganz besonders auch der Bereich Buchhorst, Riddagshausen und Weddel, wo wir 2006 ein Haus aus den späten 70ern kauften… Viel Platz für Tonstudio, Musikschule, Fußballtore, Gartenteich! Claudia macht Skupluren-Kunst und sie hat einen extrem grünen Daumen!

In Berlin und im Harz wohnen wir auch, entwickeln dort Heimat-Spirits! Als Alters-Option schossen wir noch eine Parterre-Wohnung im kultigen Frankfurter-Straße-Kiez, Westliches, BS!

In den letzten Jahren habe ich einige „Ritter-Bücher“gelesen, z.B. Paul Barz „Heinrich der Löwe“. Wie wichtig unsere Region nicht nur heute ist, sondern besonders auch im Mittelalter war! Gefühlt überall Kaiser in Königslutter, gerne auch berühmte Ladies (Richenza oder Mathilde). Überall Geschichte und Geschichten: Till Eulenspiegel, schwarzer Herzog, Harfen Agnes … .

Klar – leider auch Nazizeit; nein – kein Vogelschiss, sondern wichtig und in BS besonders schuldbeladen! Demut bleibt angesagt! Danke, dass ich erleben durfte, wie Sally Perel sein HitlerJunge-Salomon-Schicksal Grundschülern in der Weddeler Kirche spürbar darlegte, mit so viel Soul und Herzenswärme!

Es war mir eine Ehre, dass ich für die historische Kommunikation von VW in meinem Tonstudio unter der Leitung von Gilbert Holzgang einige tolle Hörbücher auch mit Piano-Einspielungen produzieren konnte, z.B. ein wirklich empfehlenswertes Hörbuch mit dem Titel „Wir wussten nicht, was morgen sein würde“. Es geht um Zwangsarbeiter bei VW und auch hier kommt die Geschichte von Sally Perel vor. Als Sprecherin dabei, Kathrin Reinhardt – mit der ich einiges am Braunschweiger Theater machen konnte, besonders Spaß machte mir Kaurismäkis „Contract Killer“, bei dem ich die Musik schrieb und mit auf der Bühne als Musiker spielte! Das war im „Haus drei“ hinter der Magni-Kirche – … sofort kommen Heimat-Flashbacks:

Ich wurde in der altehrwürdigen St. Magni-Kirche vom lieben Pastor Albrecht Fay konfirmiert. Wir machten lebhafteste Konfi-Fahrten in das Falkenheim, Asse, mein Stereo-Cassettenrecorder vom Karstadt Einrichtungshaus volle Pulle mit Ram Jam & AC/DC am Rocken. So ein tolles Seminar-Haus!

Dabei meine lieben Mitkonfirmanden, die Gebrüder Gernot und Burkhard Pandikow-Reinsch; sie sind heute beide nicht mehr unter uns. Ich weiß noch, wie wir bei Gernots Beerdigung in der Kapelle des BS-Hauptfriedhofes nur ein paar Jahre nach der Konfirmation„Lady in Black“ mit G-Point gespielt hatten. Und ich weiß auch noch, wie wir bei Bernhard Steinmetz' Beerdigung in der Kapelle im Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin mit der Jazzkantine spielten! Der Tod ist definitiv auch irgendwie Heimat.

Mit dem N.O.-Schüler-Rat war ich Anfang der 80er als Klassensprecher auch im Elm im Schullandheim Langeleben. Genau dort, wo Ende des 2. Weltkriegs 35 Kinder durch einen Luftangriff starben, die eigentlich extra aus Braunschweig aus einem Waisenhaus aus der Stadt heraus gebracht wurden, um geschützt zu sein. Grausame Geschichte! Auch die Rieseberg-Morde im AOK Keller… nie vergessen!

Nochmal VW; hier erjobbte ich mir in der Halle 54 als Werkstudent die ersten teuren Keyboard-Sampler! VW; klarer Teil meiner Heimat, ich bin gern im Zeithaus und fahre die Karren!

Politische Hai-mat: Nach ca. 20 Jahren SPD (der SPD-Recke Christoph Bratmann war übrigens Schüler meiner Mutter) war bei mir Zeit für was Neues: Ich habe kürzlich eine eigene Partei gegründet „die HAIE - Partei mit Biss“. Gerade hat uns die niedersächsische Landeswahlleiterin zugelassen und wir machen bei der Kommunalwahl mit; ich kandidiere in Weddel und in der Gemeinde Cremlingen! Euer Harzborn-Heie, Hammer Heimat-Hai.

Mehr aus dieser Rubrik





Zur Startseite